Die letzte Runde im Ärztepoker

BETRIEBSVERSAMMLUNG AM WIENER AKH
BETRIEBSVERSAMMLUNG AM WIENER AKH(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Einen Tag vor dem Ende der Abstimmung über einen Streik lenkte die Med-Uni ein und einigte sich mit den AKH-Ärzten. Für die KAV-Ärzte könnte nun ein ähnliches Ergebnis folgen.

Wien. Am Ende hatten also doch die Ärzte den längeren Atem. Sie haben bis zuletzt hoch gepokert – und alles gewonnen. Dafür mussten sie allerdings ihr ganzes Gewicht in die Waagschale werfen und mit dem ultimativen Protestmittel drohen – einem Streik. Die Abstimmung darüber endete am Mittwoch. Heute, Donnerstag, soll die Entscheidung der 1923 wahlberechtigten AKH-Ärzte vorliegen.

Besondere Relevanz wird das Ergebnis aber nicht haben, denn der Betriebsrat hat seine Forderungen de facto zur Gänze durchgesetzt. Diese beinhalten vor allem eine Einmalzahlung von 8000 Euro pro Arzt, eine Gehaltserhöhung von rund 20 Prozent ab 2016 und eine weitere um zehn Prozent ab 2019. Darüber hinaus werden ab 1. Juli 50 zusätzliche Abteilungshelfer und 35 Administrationskräfte für eine Entlastung des Pflegepersonals sorgen.

Wehsely lädt zu Treffen

Nach der Einigung mit den Ordensspitälern vergangene Woche bleibt bei der Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes für Spitalsärzte nur noch eine große Wiener Baustelle: Im Krankenanstaltenverbund (KAV) mit ca. 3200 Ärzten gibt es zwar eine Lösung zwischen Stadt und Gewerkschaft – die Ärztekammer stimmte aber bekanntlich gegen die Einigung und stellte vor zwei Wochen neue Forderungen auf. Streitpunkt blieben bei den Verhandlungen bis zuletzt die Zulagen: Die Kammer hatte zusätzlich zur Anhebung der Grundgehälter auch mehr Zulagen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienste gefordert. Dafür gebe es kein Geld, hieß es stets seitens der Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ).

Nach der überraschenden Einigung mit den AKH-Ärzten ist aber plötzlich alles anders. Denn obwohl Wehsely öffentlichkeitswirksam betont hatte, das ausverhandelte Paket nicht noch einmal aufschnüren zu wollen und die Kammer künftig vom Umsetzungsprozess in den Spitälern des KAV auszunehmen, soll es heute, Donnerstag, doch ein weiteres Treffen geben, um über die neuen Forderungen zu sprechen.

Die Einladung an die Ärztekammer wurde Mittwochfrüh verschickt – zeitgleich mit der öffentlichen Verkündung der Wiederaufnahme der Verhandlungen. Offenbar wurde nach dem Einlenken der Med-Uni der Druck, als einziges Bundesland ohne Einigung dazustehen und einen angedrohten Streik der Ärzte zu riskieren, zu groß. Dementsprechend versöhnlich hörte sich Wehsely auch am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz an. „Ich habe den Forderungskatalog in meiner Post gefunden und sofort zu einem Termin eingeladen. Ich bin willens und wollens, das Thema auch im KAV gütlich zu lösen.“

„Habe keine Erwartungen“

Er werde der Einladung nachkommen, gehe aber „ohne Erwartungen“ in das Gespräch, gibt sich Kammerpräsident Thomas Szekeres zweckpessimistisch. Die neuen Forderungen der Ärztekammer betreffen die bessere Entschädigung von Nachtdiensten, vor allem jener an den Wochenenden und an Feiertagen, sowie die Aufstockung der Gehälter für ärztliche Direktoren und Primarärzte – deren Gehaltsreform sollte erst im Zuge der Besoldungsreform 2017 durchgeführt werden. „Wir wollen aber jetzt eine adäquate Anpassung an das Gehaltsschema“, sagt Szekeres und betont wiederholt, dass man sich gegen Personalabbau ausspreche.

Eine weitere Forderung: Neue Dienstzeitmodelle sollen „nur mit Zustimmung der Betroffenen“ eingeführt werden. Zudem spricht sich die Kammer „für eine Aufstockung der Fachärzte“ in Notaufnahmen aus. Szekeres: „Besonders in der Nacht sind zu wenige Fachärzte im Dienst, weswegen Notfallpatienten oft von Turnusärzten behandelt werden müssen.“

AUF EINEN BLICK

Neue Gespräche. Nach der überraschenden Einigung zwischen dem AKH-Betriebsrat und der Med-Uni will Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely am Donnerstag die Gespräche mit der Ärztekammer wieder aufnehmen. Denn die KAV-Ärzte sind die einzigen, für die es noch keine Einigung bei der Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes gibt. Knackpunkt der Verhandlungen sind immer noch die Forderungen der Kammer nach höheren Zulagen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienste. Zudem will man ein klares Bekenntnis der Stadträtin gegen eine Personalreduktion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2015)

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