Studium: Zugangsbeschränkung auch für Jus und Chemie?

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Die Evaluierung der befristeten Schranken stützt Minister Mitterlehner. Demnach reduzieren diese die Studienabbrüche und sind nicht sozial selektiv. Er will jetzt mehr davon.

Wien. Wenn es nach Uni-Minister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) geht, könnte bald auch der Zugang zum Jusstudium beschränkt werden – genauso, wie der zur Chemie. Über den Sommer soll mit der SPÖ verhandelt werden, wie es mit den befristeten Schranken in Architektur, Wirtschaft, Biologie, Pharmazie und Informatik weitergeht. Mitterlehner will sie verlängern – und auf andere Bereiche ausweiten. „Unter die fünf wollen wir auf keinen Fall kommen“, steckte er die ÖVP-Position ab. „Es könnten auch mehr sein.“

Jus soll beschränkt werden, weil es das Studium mit den meisten Anfängern ist – auch, wenn nicht alle Unis Schranken wollen. Chemie wegen der Verdrängungseffekte aus der Pharmazie und der knappen (und teuren) Laborplätze. Auch andere Fächer seien möglich, so Mitterlehner. Vor gut einem Jahr hat er laut über beliebte Sprachstudien nachgedacht.

Dass sich die Beschränkungen bewährt hätten, zeige nun auch die vorgesehene Evaluierung, die IHS-Forscher Martin Unger im Auftrag des Ressorts erstellt hat und die nun präsentiert wurde: Demnach haben sie die Verbindlichkeit erhöht – gleichzeitig sind aber keine eindeutig negativen Effekte auf die soziale Durchmischung der Studierenden erkennbar. Und auch die Gesamtzahl der Studenten an den Unis hat nicht gelitten.

Keiner scheiterte am Test

In den beschränkten Fächern ist die Studierendenzahl aber stark gesunken. Im ersten Wintersemester schrieben sich ein Drittel weniger Studenten ein als beim freien Zugang, im Jahr darauf 20 Prozent weniger. Studenten wichen also in andere Fächer aus (etwa Chemie). Interessant: Kein einziger scheiterte am Zugangstest – obwohl die Zahl der Anmeldungen teils deutlich höher war als die der Plätze. Die meisten sprangen schon vorher ab oder kamen nicht zum Test.

Studienabbrüche sind in den beschränkten Fächern tendenziell seltener geworden: So gab es zwar weniger Anfänger – von denen war aber ein höherer Anteil im dritten Semester noch eingeschrieben. In der Pharmazie etwa 74 statt 64 Prozent, in Wirtschaft 77 Prozent (zuvor 65), in Biologie 62 Prozent (57). In manchen Fächern könnte es sogar mehr Absolventen geben.

Halten die Beschränkungen Arbeiterkinder eher vom Studium ab als andere – wie vielfach befürchtet? IHS-Forscher Unger konnte jedenfalls keine eindeutigen Veränderungen feststellen. In einigen Fächern ist die Zahl der Arbeiterkinder am stärksten zurückgegangen, in anderen jene der Kinder aus Familien mit Matura. Die Zusammensetzung der Studenten unterscheide sich nicht wesentlich von den Jahren zuvor. Allerdings: Das „sollte weiter beobachtet werden“.

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl glaubt nicht, dass die Beschränkungen nicht selektiv sind. Andere Studien würden zeigen, dass Beschränkungen sehr wohl die soziale Durchmischung verschlechtern würden, so Kuntzl. Besonders deutlich zeige sich das beim Medizinstudium. Auch Kuntzl macht vor dem Start der Verhandlungen die SPÖ-Position klar: „Ich bin gegen reflexartiges Einführen neuer Zugangsbeschränkungen.“

Wildwuchs bei Eingangsphase

Ebenfalls mit der SPÖ einigen muss sich Mitterlehner bei der Studieneingangs- und Orientierungsphase (Steop), die auch ausläuft. Er will diese Phase – die die Studierenden bewältigen müssen, damit sie weiter studieren dürfen – in puncto Umfang und Inhalt etwas vereinheitlichen. Die Universitäten haben diese nämlich bisher extrem unterschiedlich umgesetzt.

AUF EINEN BLICK

Zugang.Im Herbst 2013 wurden in fünf Studienfeldern – Architektur, Wirtschaft, Biologie, Pharmazie und Informatik, insgesamt 40 einzelne Studienfächer – Beschränkungen eingezogen. Sie laufen automatisch Ende des Jahres aus. Auch die allgemeine Studieneingangs- und Orientierungsphase (Steop) läuft aus, wenn sie nicht verlängert wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2015)

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Künftig sollen etwa auch Jus wegen der hohen Studentenzahlen und Chemie wegen der teuren Laborplätze beschränkt werden.

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