Unter Kranichs Fittichen

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ARCHIVBILD/THEMENBILD: THEMENBILD: AUSTRIAN AIRLINES (AUA)APA/ROBERT JAEGER
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Nach der Sanierung ist die AUA wieder auf Wachstumskurs. Noch sind aber nicht alle Probleme gelöst.

Es war ein Tanz auf dem Vulkan: Hunderte Festgäste kamen in das eigens aufgestellte Festzelt, als die AUA Anfang 2008 ihren 50. Geburtstag feierte. Alfred Ötsch, damals Alleinvorstand der Fluglinie, sonnte sich im Rampenlicht, indem er für 2007 den ersten kleinen Gewinn der AUA seit vielen Jahren verkündete. Der Glanz währte allerdings nicht lang: Schon im ersten Quartal ging es wieder steil in die roten Zahlen. Und der von Ötsch hervorgezauberte Retter aus dem Morgenland, Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber, bekam kalte Füße.

Selbst die glühendsten Verfechter einer selbstständigen AUA mussten einsehen, dass dem rot-weiß-roten Aushängeschild ohne starken Partner der finanzielle Absturz droht. Seit 2001 hatte die AUA gut 1,5 Milliarden Euro Verluste angehäuft. Ursachen dafür gab es viele: Missmanagement, Fehlplanung, falsche Expansion und teure Übernahmen wie die der Lauda Air paarten sich mit externen Faktoren wie Seuchen und Terror. Mitten im Wahlkampfjahr 2008 machte die Regierung eine Kehrtwendung und beschloss den Verkauf der teilstaatlichen und börsenotierten AUA. Ein Jahr später, am 3.September 2009, wurde der Verkauf endgültig fixiert.

Der – nicht nur mit offenen Armen empfangene – Retter ist der logische Partner: Die Lufthansa hat nun das Sagen, nachdem ihr mit einer Mitgift in Form eines 500 Millionen schweren Schuldenerlasses die Übernahme schmackhaft gemacht worden ist. Peter Malanik und Andreas Bierwirth, die Ötsch ablösten, versuchten unter den Fittichen des Kranichs, die Airline auf Gewinnkurs zu trimmen.

An Sparinitiativen mangelte es nicht, aber die voll einsetzende Wirtschafts- und Finanzkrise wirbelte die gesamte Luftfahrt kräftig durcheinander. Die auf schwachen Beinen stehende AUA war dem Gegenwind nicht gewachsen. Als Jaan Albrecht Ende 2011 den Chefsessel übernahm, war die AUA praktisch pleite und hielt sich nur mit einer kräftigen Finanzspritze der Mutter in der Luft.

Albrecht, der als Erster den wahren (schlechten) Zustand der AUA nicht beschönigte, gelang, was keiner seiner acht Vorgänger (seit 1970) geschafft hatte: Er brach mit Privilegien und rang den Piloten und Flugbegleitern nach heftigen Gefechten einen neuen, viel kostengünstigeren Bordkollektivvertrag ab. Zusammen mit vielen anderen Maßnahmen bedeutet dies ein Sparpotential von 220 Millionen. 2013 gelang der Turnaround.

Albrecht verlangte der Mannschaft einiges ab: Als die Gespräche mit Bordbetriebsrat und Gewerkschaft scheiterten, kündigte er kurzerhand den Bord-KV – ein Sakrileg – und ordnete den Betriebsübergang der AUA auf die kostengünstigere Regionaltochter Tyrolean an. Was von der Belegschaft auch vor Gericht bekämpft wurde. Mit dem Abschluss des KVs gab es einen Generalvergleich, der Betriebsübergang wurde rückgängig gemacht und die Tyrolean per 1. April in die AUA fusioniert. Für viele der stolzen Tiroler war dies ein unfreundlicher Akt mehr, fühlten sich doch viele Tyrolean-Mitarbeiter, die jahrelang nur die Propeller-Bomber steuern durften, seit jeher von den Wienern unterbewertet.

Diese Gräben, die auch in unterschiedlichen Unternehmenskulturen wurzeln, hat der gemeinsame Bord-KV nicht ganz zugeschüttet. Jetzt, da die AUA die 21 alten Fokker-Regionaljets gegen 17 neue Embraer von der Lufthansa tauscht, flammt der Konflikt wieder auf. Zumal sich das Kräfteverhältnis dadurch zugunsten der AUA verschoben hat. Die Einserfrage: Wer sitzt links – ist also Kapitän?

Vor diesem Hintergrund liefert sich Bordbetriebsratschef Karl Minhard mit der AUA-Führung (Kay Kratky löst am 1.August Albrecht ab) ein Match: Er wirft dem Management Fehlplanung vor, die seit Jahresanfang zum Ausfall von 164 Flügen geführt habe. AUA-Sprecher Peter Thier bestätigt die Ausfälle, setzt sie aber in Relation zu den 60.000 Flügen insgesamt. Er begründet die Engpässe mit den Umschulungen infolge der Flottenumstellung. Jeder zweite der 900Piloten wird drei Monate lang umgeschult. Gleichzeitig fliegt die AUA im verkehrsstarken Sommer um fünf Prozent mehr – ein vielleicht zu ambitioniertes Unterfangen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2015)

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