FPÖ-Erdrutsch reißt SPÖ in Krise

FPÖ-Erdrutsch reißt SPÖ in Krise
FPÖ-Erdrutsch reißt SPÖ in Krise(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Protest macht FPÖ fast so stark wie die Reformpartner. Schock über Voves-Absturz erschüttert Faymanns Partei. Niessls SPÖ erleidet im Burgenland Dämpfer.

Graz/Wien/Eisenstadt. Dieser Landtagswahl-Sonntag hatte es in sich: Die politische Landkarte der Steiermark ist mit nunmehr drei fast gleich starken Parteien neu eingefärbt. Die SPÖ mit Landeshauptmann Franz Voves brach um neun Prozentpunkte auf 29,2 Prozent ein. Aber auch die ÖVP erwischte es arg, sie blieb mit 28,5 Prozent aber knapper als 2010 hinter der SPÖ. Beide bisherigen Reformpartner wurden von einem blauen Proteststurm begraben: Die FPÖ hat sich gegenüber der Wahl 2010 mit 27,1 Prozent beinahe verdreifacht. In roten Hochburgen legte die FPÖ teils mehr als 20 Prozentpunkte zu.
Im Burgenland bleibt die SPÖ mit Landeshauptmann Hans Niessl mit 41,9 Prozent stärkste Partei. Sie kassierte aber mit minus 6,3 Prozentpunkten eine kräftige Ohrfeige und muss sich nun einen Regierungspartner suchen. Die ÖVP verlor 5,5 Prozentpunkte.

1. Steirisches Erdbeben und der Aufschwung der FPÖ sorgen für schwere Erschütterungen bis nach Wien.

Der Absturz der steirischen SPÖ mit Voves und der FPÖ-Aufschwung wirken bis tief in die Bundes-SPÖ. Für Bundeskanzler SPÖ-Chef Werner Faymann wird dies bedrohlich. Vor der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober läuten nach dem direkten Wähleraustausch von SPÖ zur FPÖ die Alarmglocken. Wiens SPÖ mit Bürgermeister Michael Häupl droht laut Prognosen ohnehin ein Absturz, noch dazu tritt FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache als Gegenkandidat an. Schon am 27. September wird in Oberösterreich gewählt, wo die ÖVP klar voran liegt und die SPÖ trachten muss, Platz zwei gegen die FPÖ zu halten.

2. Die Arbeit in der Bundesregierung wird nach der Abfuhr für die Reformpartner in Graz schwieriger.

Sollte die SPÖ Faymann nicht kurzfristig auswechseln, wird für ihn die Regierungsarbeit schwieriger. In der SPÖ wird der Widerstand gegen den Spar- und Reformkurs wachsen, weil die steirischen Reformpartner von den Wählern abgestraft wurden. Der Gewerkschaftsflügel wird mehr Geld für den Arbeitsmarkt fordern. Damit soll der Wechsel bisheriger SPÖ-Wähler zur FPÖ gestoppt werden. Umgekehrt gehen der ÖVP die Reformen (Pensionen, Verwaltung) nicht weit genug.

3. Asyl- und Ausländerpolitik bringt FPÖ Erfolg, SPÖ und ÖVP profitierten noch am meisten von den Stammwählern.

Die Asylpolitik, die durch den Zustrom von Flüchtlingen zuletzt bundesweit beherrschendes Thema ist, stellte offenkundig bei den Landtagswahlen andere Themen in den Schatten. Bei der Steirer-Wahl war dies mit 27 Prozent Hauptwahlmotiv (Quelle: Public Opinion Strategies für ATV) für die FPÖ, deren Spitzenkandidat Mario Kunasek war nur für 54 Prozent wichtig für die Wahlentscheidung, (SPÖ-Landeschef Franz Voves für 82 Prozent, ÖVP-Obmann Hermann Schützenhöfer für 76 Prozent). Die FPÖ lag in der Steiermark (Quelle: Sora-Institut für ORF) bei Arbeitern mit 61 Prozent voran. Bei den Männern schaffte die FPÖ mit 38 Prozent die relative Mehrheit.

4. SPÖ-Chef gegen „Hetze“ der FPÖ in der Asylpolitik, ÖVP-Chef Mitterlehner fordert verbesserte Kommunikation bei dem Thema.

In der Asylpolitik trat die Regierungsspitze der FPÖ entgegen. Kanzler Faymann teilte der „Presse“ mit: Das Land brauche einen Regierungschef, der sich gegen „Hetze“ und gegen die FPÖ stelle. Vizekanzler ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner war enttäuscht: Man müsse Themen „besser kommunizieren“, insbesondere gelte dies beim Flüchtlingsthema. Lösungen, wie sie die FPÖ anführe, seien in der Praxis aber nicht so einfach.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2015)

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