Österreich schwimmt in Milch: Bauern wollen mehr Geld

(c) AP (Michael Probst)
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Milchbauern protestierten in Linz und Innsbruck. Problematisch sei vor allem, dass die heimischen Milchbauern zunehmend nicht mehr kostendeckend produzieren würden - laut IG seien deutlich mehr als 40 Cent/Liter notwendig, um die Kosten abzudecken.

Wien. Der Protest hat gegenwärtig Hochkonjunktur in Österreich. Gestern gingen die heimischen Milchbauern auf die Straße, um ihrem Unmut über den sinkenden Milchpreis Luft zu machen. Laut Landwirtschaftskammer kostet Milch derzeit noch 29 Cent je Kilogramm (der Milchpreis wird üblicherweise in Kilogramm angegeben). Das sind zwar immer noch um neun Cent mehr als im benachbarten Deutschland, aber auch um zwölf Cent weniger als vor einem Jahr.

In Innsbruck demonstrierte deshalb auch die „IG Milch“ für höhere Preise. Problematisch sei vor allem, dass die heimischen Milchbauern zunehmend nicht mehr kostendeckend produzieren würden – laut IG seien deutlich mehr als 40 Cent/Liter notwendig, um die Kosten abzudecken. Der Preis liegt aber längst darunter.

Österreich schwimmt nämlich in einem Milchsee. Auslöser dafür war die rückläufige Nachfrage aus dem In- und Ausland. Der schwächere Dollar verteuerte die Milchexporte, zudem machte der Melaminskandal die erhofften Zuwächse aus China und Ostasien zunichte. Aufgrund des Quotensystems können die Bauern auf derartige Nachfrageschwankungen kaum reagieren, weshalb die Preise fallen. Erhielten österreichische Bauern Anfang 2008 noch 42 Cent je Kilogramm Milch, waren es zu Beginn dieses Jahres 32,60 Cent. Bis zu den vereinbarten Quoten müssen die Molkereien den Bauern die Milch abnehmen – liefern die Landwirte mehr als vereinbart ab, müssen sie Strafe zahlen. Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (ÖVP) kündigte daher an, die Milchquotenerhöhung dieses Jahr auszusetzen.

„Ausgleich“ gegen Bauernsterben

Ewald Grünzweil, Obmann der IG Milch will, dass die Bauern ihre Produktion selbst steuern dürfen: „Wir wollen marktangepasst arbeiten. Wenn die Nachfrage zurückgeht, wollen wir auch weniger produzieren“, sagt Grünzweil. Eigentlich wollten die Milchbauern überhaupt keine staatlichen Gelder, schon gar nicht solche, die über die ohnehin vorhandenen hinausgehen, sagt Obmann Grünzweil weiter.

Laut Schätzungen kommen rund 80 Prozent des Einkommens der Milchbauern von den Steuerzahlern, sagt Klaus Kogler aus der Landwirtschaftskammer. In Summe werden die Milchbauern mit 640 Mio. Euro pro Jahr subventioniert.

Einem Bauernsterben müsse man finanziell dennoch gegensteuern, wie Grünzweil betont. „Es muss einen sozialen Ausgleich geben für jene Bauern, die auf abgelegenen Höfen nicht kostengünstig produzieren können wie andere.“ International liegt der Milchpreis bei weniger als 20 Cent je Kilogramm, wie etwa in Neuseeland.

Den Unterschied zwischen heimischen Bauern und ihren ausländischen Kollegen erklärt Grünzweil über die Art und Weise der Produktion: „Bei uns haben die Kühe eben noch Namen und Familienanschluss.“ Spätestens ab 2015 sollte die Marktwirtschaft auch in der Milchproduktion Einzug halten: Dann sollten alle Milchmengenbeschränkungen (Quoten) gefallen sein, wie die EU betont.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2009)

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