Russland legte Satellitenfotos vor, die zeigen sollten, dass das malaysische Flugzeug im Juli 2014 von der Armee der Ukraine abgeschossen worden war. Laut Investigativplattform Bellingcat wurden die Bilder mit Photoshop verändert.
Amsterdam/London/Wien. Moskau ließ die Vorwürfe nicht auf sich sitzen. Schon wenige Tage nach dem Absturz der Passagiermaschine MH17 am 17.Juli 2014 veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium mehrere Satellitenbilder, die eines beweisen sollten: Nicht die von Moskau unterstützten Separatisten seien schuld am Tod der 298 Menschen an Bord des malaysischen Flugzeugs, sondern die ukrainischen Streitkräfte. Die ukrainische Regierung, die USA und einige europäische Staaten beschuldigten die Separatisten, die Maschine abgeschossen zu haben.
Moskau legte Aufnahmen vor, die Aktivitäten der ukrainischen Luftabwehr in der Ostukraine am Tag des Abschusses belegen sollte. Nun berichtet aber Spiegel Online, dass diese Aufnahmen manipuliert worden seien. Er bezieht sich dabei auf das Ergebnis einer Analyse der Satellitenbilder durch die unabhängige Investigativplattform Bellingcat. Die Untersuchung habe „eindeutig und unzweifelhaft“ ergeben, dass die Satellitenfotos falsch datiert und „durch die Software Adobe Photoshop CS5 digital verändert wurden“.
Ein Bild, das laut Moskauer Verteidigungsministerium belegen sollte, dass sich mindestens ein ukrainischer Buk-Raketenwerfer und drei Begleitfahrzeuge am 17.Juli 2014 nicht mehr auf dem Militärstützpunkt nördlich von Donezk befunden haben, sei „unzweifelhaft im Zeitraum zwischen dem 1.Juni 2014 und dem 18.Juni 2014 entstanden“. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden Wolken im linken und rechten Bildbereich digital hinzugefügt. Dadurch wurden weitere Details zum Vergleich mit anderen Bildern verdeckt“, so die Experten von Bellingcat.
Das zweite Bild sollte eine Buk-Batterie der ukrainischen Armee am 17.Juli 2014 in der Nähe des Dorfs Saroschenskoje – des Gebiets, über dem MH17 an diesem Tag abgeschossen wurde – zeigen. Das Satellitenfoto sei „ohne jeden Zweifel vor dem 15.Juli 2014 entstanden“, so das Bellingcat-Team.
Buk-Werfer auf Tieflader
Laut „Spiegel“-Recherchen wurde vielmehr eine russische Luftabwehreinheit am 23.Juni und an den folgenden Tagen vom Raum Kursk nach Rostow verlegt. Der Weg führte am Ostrand des prorussischen Rebellengebiets vorbei. Ein Buk-Werfer wurde offenbar auf einem zivilen Tieflader ins Rebellengebiet gefahren. Das zeigen laut „Spiegel“ Fotos und Filmaufnahmen vom 17.Juli. Anwohner behaupten, die Besatzung des Buk-Werfers habe aus Russen bestanden. Der Werfer wurde in Snischne entladen und fuhr auf ein Feld.
Die Boeing777 der Malaysia Airlines war aus rund 10.000 Metern Höhe über dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet abgestürzt. Alle 298 Insassen, darunter 193Niederländer, starben. Laut Zwischenbericht der niederländischen Ermittler wurde die Boeing abgeschossen: Sie sei von schnell fliegenden Objekten durchsiebt worden. Der Report ging aber nicht darauf ein, wer das Flugzeug abgeschossen hatte. Der Abschlussbericht soll voraussichtlich im Sommer vorgelegt werden. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)