Asyl: Innenministerium erwartet heuer 70.000 Anträge

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Österreich und Schweden führen bei den Asyl-Anträgen pro Kopf. Erwartet werden so viele Flüchtlinge, wie zur Zeit des Sowjet-Einmarsches in der CSSR. Kanzler Faymann ruft Bund und Länder zur Zusammenarbeit auf.

Die Quartiersuche für Flüchtlinge dürfte in den kommenden Wochen noch schwieriger werden. Denn das Innenministerium hat seine Prognose für das laufende Jahr weiter nach oben revidiert. Erwartet werden 70.000 Asylanträge und damit so viele Flüchtlinge wie seit dem Sowjet-Einmarsch in der CSSR nicht mehr. Bisher war das Innenressort von 50.000 Anträgen ausgegangen. Doch die steigende Zahl an Ansuchen in den vergangenen Wochen hat die Prognosen nach oben schnellen lassen. Wie das Ministerium bekannt gab, war Österreich im Mai mit Schweden bereits Zielland Nummer eins in Europa auf die Bevölkerungszahl gerechnet.

Allein vergangene Woche wurden 1781 Anträge gezählt. Zusammengezählt waren es im vergangenen Monat in Österreich 6240. Gesamt sind in den ersten fünf Monaten 2015 bereits 20.620 Asylanträge eingetroffen. Ob in jüngerer Vergangenheit mehr Flüchtlinge zu versorgen waren, ist nicht eindeutig feststellbar. Die Statistiken des Innenressorts, die bis ins Jahr 1980 zurückgehen, zeigen kein Jahr, in dem es auch nur annähernd 70.000 Anträge gab.

Rund 90.000 Bosnier ohne Asylantrag

Spitzen gab es etwa 1981 mit gut 34.500 Ansuchen, 2002 mit rund 39.300 Anträgen oder 2003 mit knapp 32.400, doch an die sich nun abzeichnenden Zahlen kam kein Jahr heran. Allerdings wurden beispielsweise in den 1990er-Jahren (begonnen mit 1992 bis 1998) gesamt rund 90.000 Bosnier aufgenommen, ohne dass diese einen Asylantrag stellen mussten. Wie sich dies auf die einzelnen Jahre aufteilt, liegt nicht vor. Die Asylantragszahlen in diesen Jahren lagen zwischen 4744 (1993) und 16.238 (1992).

Definitiv eine größere Anzahl an Flüchtlingen zu versorgen war nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands durch die Sowjetunion, als 1956/1957 rund 180.000 Menschen aus dem Nachbarland nach Österreich kamen, sowie nach dem Einmarsch der "Warschauer Pakt"-Staaten in der Tschechoslowakei, als im Jahr 1968 etwa 162.000 Menschen die Flucht über die Grenze antraten.

Faymann wirbt für gemeinsame Anstrengung

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) rief am Dienstag zu einer gemeinsamen Anstrengung von Regierung und Ländern zur Bewältigung der Quartierproblematik von Asylwerbern auf. Alleine könne das die Innenministerin nicht bewältigen. Bevorzugen würde Faymann eine europäische Quotenregelung, wie sie derzeit in Diskussion ist. Allerdings seien es etwa zehn Länder, die in eine verpflichtende Regelung, daher sei keine schnelle Lösung in Aussicht: "Das wird ein harter Weg."

Keinesfalls will Faymann, dass man sich durch Wahlergebnisse in die falsche Richtung treiben lässt. Man werde den Hass nicht aufgreifen und nachahmen, meinte er in Richtung FPÖ, die zuletzt in der Steiermark und im Burgenland einen Ausländerwahlkampf geführt hatte. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) lehnt diese Art des Wahlkampfs ab. Er plädierte dafür, die Politik der Regierung auch im Flüchtlingsbereich besser zu erklären.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) richtete den gegen eine innerösterreichische Quote ankämpfenden Bürgermeistern am Dienstag aus, dass sie damit für eine Zuspitzung sorgten. Das Versteckspiel bei der Unterbringung von Asylwerbern müsse beendet werden. Die letzten Wahlen hätten gezeigt, dass man auch nichts ausrichte, wenn man sich am Innenministerium abputze.

Wie Faymann warb auch Mikl-Leitner für eine EU-Quote. Zudem müssten UNHCR-Lager in den Krisenregionen errichtet werden, wo über die Möglichkeit von Asyl entschieden werden sollte.

(APA)

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