Staatsholding ÖBIB: Eine Frau als Chef

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Mit der Bestellung der Finanzexpertin Martha Oberndorfer zur Chefin der Staatsholding sorgt Finanzminister Schelling für einen Überraschungscoup.

Wien. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sorgt bei einer wichtigen Personalentscheidung für eine Überraschung und bricht dabei mit dem hierzulande lieb gewordenen Usus, dass Kandidaten schon vor der offiziellen Suche feststehen. Am Dienstag bestellte der Ministerrat – auf Vorschlag Schellings – weder Günter Leonhartsberger noch Walter Jöstl, die beide in der Holding arbeiten und als aussichtsreichste Bewerber galten, sondern Martha Oberndorfer zur neuen Chefin der ÖBIB.

Die bisherige Chefin der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) übernimmt schon am 8. Juni den neuen Job in der Staatsholding und folgt Rudolf Kemler, der nach der pannenreichen und unfreiwilligen Ablöse von OMV-Chef Gerhard Roiss selbst gehen muss. Kemler führte die ÖBIB interimistisch bis zur Bestellung des neuen Chefs.

Oberndorfer ist zwar in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, aber in Wirtschaftskreisen genießt die 53-Jährige einen exzellenten Ruf als Finanzexpertin, die auch heikle Situationen mit Bravour meistert. Seit 2008 steht die gebürtige Kremserin, die nach dem Studium der Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik bei der (inzwischen verstaatlichten) Kommunalkredit, der Bank Gutmann, Trans Europa Financials und der Bundespensionskasse in Führungsfunktionen gearbeitet hat, an der Spitze der OeBFA. Dorthin wurde sie vom damaligen Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) geholt.

Nicht nur wegen ihrer fachlichen Kompetenz, die sie als Chefin der Agentur, die für das Schuldenmanagement der Republik verantwortlich ist, mehrfach bewiesen hat, wurde Oberndorfer für diverse Spitzenjobs der Republik genannt. Die Mutter von zwei Töchtern gilt auch als äußerst durchsetzungsfähig, um nicht zu sagen dominant. Als Nachfolgerin des glücklosen Finanzministers Michael Spindelegger war die dem bürgerlichen Lager nahestehende Managerin genauso im Gespräch wie als Notenbank-Direktorin und als Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA).

Oberndorfer sei „eine ausgewiesene Expertin mit Managementerfahrung im Bereich des Kapitalmarkts sowie des Schulden- und Liquiditätsmanagements. Mit ihrer fundierten Ausbildung, den exzellenten Kenntnissen im Banken- und Finanzierungsbereich sowie ihrem vertieften Verständnis für staatsnahe Unternehmen verfügt sie über die besten Voraussetzungen, um die Wahrung der Eigentümerinteressen in den Beteiligungsgesellschaften sicherzustellen“, heißt es auch in der Stellungnahme des Finanzministeriums.

Kein Entscheidungsspielraum

Umso mehr zeigen sich Insider vom Revirement überrascht. Denn abgesehen davon, dass Oberndorfers Vertrag bei der OeBFA noch bis 2018 läuft, gilt der Job in der ÖBIB nicht mehr als Schlüsselstelle, an der sich große Räder drehen lassen. „Sie hat keine Macht, keine Entscheidungsbefugnis und dürfte auch weniger verdienen“, bringt es ein Kenner der Materie auf den Punkt. Anders als die früheren Vorstände der Staatsholding sei der neue Generalsekretär (so der offizielle Titel) Erfüllungsgehilfe des Finanzministers. Oberndorfer muss also alles mit Schelling abstimmen.

Was ausdrücklich gewollt ist: Mit der Umwandlung der ÖIAG in die ÖBIB, um die monatelang in der Regierung heftig gerungen wurde, fand auch eine Repolitisierung statt. Der einst sich selbst erneuernde ÖIAG-Aufsichtsrat wurde abgeschafft. Der ÖBIB-Chef sitzt auch nicht in den Aufsichtsräten der Beteilungsunternehmen OMV, Post und Telekom Austria sowie künftig Casinos Austria, sondern die Mitglieder werden direkt vom Finanzminister entsandt.

Was Oberndorfer an der neuen Aufgabe reizt, darüber kann vorerst nur spekuliert werden. Denn sie wollte auf „Presse“-Anfrage keinen Kommentar abgeben. Ihr Vertrag bei der ÖBIB läuft bis 2018. Ihren Job bei der Finanzierungsagentur übernimmt interimistisch Markus Stix.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

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