Burgenland: SPÖ und FPÖ verkünden Koalition

Tschürtz und Niessl
Tschürtz und Niessl(c) APA (CHRISTIAN GMASZ)
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Fünf Tage nach der Wahl hat das Burgenland eine neue Regierung. SPÖ-Landeschef Niessl und FPÖ-Obmann Tschürtz haben sich im Eiltempo auf eine Zusammenarbeit geeinigt.

Der rot-blaue Koalitionspakt im Burgenland steht. Am fünften Tag nach der Landtagswahl am 31. Mai hat das östlichste Bundesland damit eine neue Regierung. Am späten Vormittag hatten SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl und FPÖ-Landesparteiobmann Johann Tschürtz noch die Verteilung der Ressorts besprochen, bevor sie kurzfristig zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in das Eisenstädter Landhaus luden.

"Wir haben viele Stunden verhandelt", sagte Niessl zum Auftakt der Pressekonferenz. Die Nacht auf Freitag habe man "durchgearbeitet". Herausgekommen sei ein "sehr gutes Koalitionsübereinkommen", betonte der Landeshauptmann. Es umfasse 38 Seiten und sei damit "so umfangreich wie noch keines".

Dass mit den Freiheitlichen Verhandlungen aufgenommen wurden, sei ein logischer Schritt gewesen, so Niessl. Die SPÖ habe die meisten Stimmen erhalten, weshalb sie den Landeshauptmann stelle, die FPÖ allerdings am stärksten dazugewonnen. Daher war es "aus demokratiepolitischen Gründen klar, dass diese auch in der Regierung vertreten ist".

Tschürtz übernimmt Sicherheitsagenden

Regierungszusammenarbeit in den Bundesländern
Regierungszusammenarbeit in den BundesländernAPA

Man wolle "besser, schneller, bürgernäher werden", so der SPÖ-Chef. Als konkrete rot-blaue Ziele nannte er die Schaffung von 1000 neuen Arbeitsplätzen, 2,8 Milliarden Euro sollen in den Bereich der Infrastruktur fließen. Im Bildungsbereich sollen die aufgesplitteten Kompetenzen in einem Bildungslandesrat bündeln - "das hat es noch nie gegeben". Ähnlich würden die Zuständigkeiten im Bereich Umwelt und Wirtschaft gebündelt, "das wird die Effizienz steigern", zeigte sich Niessl überzeugt. In Summe habe man damit ein "Abkommen, das von einer sehr starken Sachpolitik gezeichnet ist".

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Tschürtz werde der Bereich "Sicherheit" zukommen und damit unter anderem für den Katastrophenschutz und die Bekämpfung von Kriminalität verantwortlich zeichnen. Das Thema Asyl bleibe allerdings bei den Sozialdemokraten. Die Freiheitlichen würden hingegen für Wirtschaft und Tourismus zuständig sein.

"Blaue Lady" wird Landtagspräsidentin

Man habe gezeigt, dass man als freiheitliche Partei nicht populistisch auftreten müsse, so der FPÖ-Obmann. "Was mich ganz besonders freut ist, dass es erstmalig die direkte Demokratie geben wird", sagte Tschürtz. Soll heißen: "Es wird Volksbefragungen geben zu brisanten und wichtigen Themen." Außerdem habe man das Modell eines Kinderbetreuungsschecks ausdiskutiert.

Das Regierungsteam - fünf Mitglieder davon wird die SPÖ stellen - soll am Montag vorgestellt werden. Schon jetzt ist klar: Die Listenzweite der FPÖ, Ilse Benkö, die im Wahlkampf mit ihrem Song "Blaue Lady" für Aufsehen gesorgt hatte, wird Landtagspräsidentin.

"Der Pakt steht und er wird umgesetzt"

Angesprochen auf die Kritik, die Niessl und Tschürtz in den vergangenen Tagen - sowohl von Teilen der (Bundes-)SPÖ als auch von den Grünen - entgegen geschlagen ist, meinte Niessl: "Das nehme ich zur Kenntnis". Man habe 30.000 Mitglieder der SPÖ vor einiger Zeit befragt, von den 16.000, die Antworten gegeben hatten, hätten sich 88 Prozent für Verhandlungen mit der FPÖ ausgesprochen. Im SPÖ-Landesparteivorstand habe man außerdem "einstimmig beschlossen, dass wir mit allen Parteien verhandeln".

Nachsatz: "Ich habe vom Burgenland her noch keinen spürbaren Widerstand bis jetzt bemerkt." Das sei, was zähle, denn: "Für die übrigen Landesparteien bin ich nicht zuständig".

Sowohl die Handschrift der SPÖ als auch jene der FPÖ finde sich im Koalitionsabkommen wieder, betonte Niessl abschließend. "Der Pakt steht und er wird umgesetzt", so der Landeshauptmann. Und er fügte hinzu: "Auf meinem Facebook habe ich eine Zunahme von Likes von 90 Prozent."

Offensive gegen Rechts lädt zur Demonstration

Noch während Niessl und Tschürtz über das fixierte Koalitionsabkommen informierten, wurde auf Facebook von der Offensive gegen Rechts Burgenland bereits zur Demonstration gegen Rot-Blau am Donnerstag in Eisenstadt eingeladen. Man werde "dieser fatalen Politik nicht zusehen", hieß es auf der Veranstaltungsseite.

Burgenland-Wahl

Bei der Landtagswahl hatte die SPÖ gegenüber 2010 6,34 Prozentpunkte verloren und liegt nun bei 41,92 Prozent. Auf sie entfallen damit nur mehr 15 der 36 Mandate, vor fünf Jahren hatte sie noch 18. Die ÖVP büßte 5,54 Prozentpunkte ein und hat mit 29,08 Prozent elf Mandate. Die FPÖ gewann 6,06 Prozentpunkte dazu auf 15,04 Prozent und sechs Mandate. Die Grünen legten um 2,28 Prozentpunkte auf 6,43 Prozent zu und verdoppelten ihre Landtagssitze auf zwei. Das Bündnis Liste Burgenland erhielt 4,82 Prozent und zwei Mandate.

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