Schützenhöfer für Aufnahmestopp bei Asylwerbern

Hermann Schützenhöfer
Hermann SchützenhöferAPA/ERWIN SCHERIAU
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Der steirische ÖVP-Chef warnt vor Ausländern, „die das demokratische System langsam unterhöhlen“. Vor allem die „Faymann-SPÖ“ kehre Probleme unter den Teppich.

Die Presse: Welche Frage stellen Sie sich nach Verlust von 8,7 Prozent bei der Steiermark-Wahl?

Hermann Schützenhöfer: Warum die Bundesthemen eine so große Rolle gespielt haben.

Wie lautet Ihre Antwort?

Ausländerproblematik, Arbeitslosigkeit und Steuerreform, die eine gute ist, aber nicht überall gut angekommen ist, haben alles überlagert. Seit der Ankündigung der Zeltlager sind die Freiheitlichen in Umfragen hinaufgegangen. Wenn das so weitergeht, kann Strache (FPÖ-Chef; Anm.) auf Ibiza bleiben und braucht nur am Wahlabend zurückkehren.

War es ein Fehler der ÖVP, die Steuerreform in der derzeitigen Form vorzunehmen?

Nein. Es ist uns misslungen, klarzumachen, dass es für 4,6 Millionen eine Entlastung gibt.

Die Zeltlager hat Ihre Parteifreundin Innenministerin Mikl-Leitner angeordnet.

Ich fange keine innerparteiliche Debatte an. Was soll sie machen . . .

. . . verantwortlich für die Unterbringung sind ja die Länder.

Einmal hat der Bürgermeister etwas dagegen, einmal der Landeshauptmann. Dann gibt es eine FPÖ, die das von der Sprache her manchmal grenzüberschreitend ausnützt. Aber die FPÖ trifft einfach den Nerv. Die Leute sagen, Schützenhöfer, du hast mit dem Voves eine gute Arbeit geleistet, aber wir haben zu viele Ausländer. Was soll ich da reden?

Das klingt resignativ.

Nein, resignativ darf man nicht sein. Wir müssen die Dinge benennen. Es darf nicht alles so bleiben, wie es ist. Wir müssen in der Asyl- und Integrationspolitik ganz anders miteinander umgehen. Die Quote, die die EU jetzt für Europa vorschlägt, hat Österreich schon erfüllt. Da müsste man auch sagen: Das war es jetzt für eine Zeit lang. Wir können nicht weiter aufnehmen. Wir haben im Verhältnis zur Größe unser Soll erfüllt. Wir müssen auch mutig und ohne ideologische Scheuklappen soziale Grundfragen überlegen. Das Verhältnis zwischen dem, was es in der bedarfsorientierten Grundsicherung gibt, und dem, was ein Hackler verdient, ist nicht mehr in Ordnung.

Sie sind also für einen Aufnahmestopp von Asylsuchenden in Österreich?

Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir denen, die zu uns kommen, menschenwürdig helfen, ohne Zelte. Wir müssen aber auch Europa klarmachen, mit Blick auf die erfüllte Quote: Jetzt können wir eine Zeit lang nicht mehr.

Also Grenzen dicht?

Nicht Grenzen dicht, aber anders aufteilen in Europa.

Ja, aber gemeint war: Grenzen dicht in Österreich.

Wenn ein Land wie Österreich die Quote erfüllt hat, müssten jetzt andere Länder aufnehmen. Das sollte Europa zur Kenntnis nehmen.

Auch wenn Sie die Bundespolitik verantwortlich machen: Plakatiert waren doch Sie und Landeshauptmann Voves. Ist die Reformpartnerschaft gescheitert?

Der bundespolitische Einfluss hat eine übergeordnete Dimension gehabt. Wir müssen die Dinge benennen, in der Frage der Sicherheit, in der Frage, was tun wir mit Asylanten, die sich nicht an unser Rechtssytem halten, die unseren Staat nur ausnützen und zuschauen, wie der Hackler arbeitet. Diese Debatte muss ohne Schaum vor dem Mund geführt werden. Reden Sie mit einem Polizisten in Graz, was sich in der Drogenszene im Volksgarten abspielt, das sind 90 Prozent Ausländer. Das ist unser Problembereich, den wir nicht in den Griff bekommen: Hier Flüchtlinge, denen wir helfen wollen, weil sie nur noch durch Flucht ihr Leben retten können, und da andere Ausländer, die das demokratische System langsam unterhöhlen und den Menschen Angst machen. Die Dinge werden unter den Teppich gekehrt, vor allem von der Faymann-SPÖ.

Was meinen Sie, wenn Sie sagen, Ausländer beginnen, das demokratische System auszuhöhlen.

Wenn Drogen gehandelt werden und ich bekomme das nicht in den Griff, weil gesetzliche Grundlagen fehlen und die Polizei überfordert ist, muss ich etwas tun.

Empfehlen Sie der Bundespartei einen vorsichtigen Rechtsruck?

Da geht es nicht um rechts oder links. Uns allen empfehle ich: Hinschauen, nicht wegschauen. Die SPÖ tut so, als wäre alles in Ordnung. Das stimmt einfach nicht, das ist der Hauptgrund, dass man mit der Bundesregierung so unzufrieden ist. Wir müssen die Augen öffnen und Reformen wagen.

Dem Argument, dass Reformen abgestraft wurden, können Sie nichts abgewinnen?

Die Reformen sind nicht abgestraft worden. Aber wir können die Koalition mit der SPÖ jetzt nicht mir nichts dir nichts fortsetzen.

Kann sie fortgesetzt werden?

Ich hoffe es. Aber wir müssen den Spielraum verbreitern. Ich möchte die FPÖ nicht ausgrenzen. Das heißt nicht, dass ich sie unbedingt in der Regierung will . . .

Warum nicht? Die FPÖ ist der große Wahlsieger.

Ich schließe nicht von vornherein aus, dass man mit der FPÖ eine Dreierkoalition bildet.

Weshalb schrecken Sie davor zurück, Ihren, wie ich annehme, politischen Lebenstraum zu erfüllen und mithilfe der FPÖ Landeshauptmann zu werden?

Wer würde am Zenit seiner politischen Arbeit nicht gern Landeshauptmann sein? Ich schließe keine Variante aus, strebe aber eine Koalition, in der die Mehrheitspartei ausgeschlossen ist, nicht von vornherein an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2015)

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