Fifa-Skandal: Geld, Macht und Tore

File photo of then FIFA President Blatter standing in front of then executive member Blazer the 61st FIFA congress in Zurich
File photo of then FIFA President Blatter standing in front of then executive member Blazer the 61st FIFA congress in Zurich(c) REUTERS (ARND WIEGMANN)
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Fifa-Präsident Joseph Blatter „fertigte“ Irland 2010 mit fünf Millionen Euro ab, Interpol erhielt 20 Mio. Zuwendung.

Zürich/Berlin. Kommt Sepp Blatter, oder lässt er sich neben der Frauen-WM in Kanada auch das Highlight im europäischen Klubfußball entgehen? Das Champions-League-Finale am Samstag in Berlin bietet nun zwei verschiedene Kulissen: Messi und Pirlo auf dem Rasen, dazu das Schaulaufen der Funktionäre und Gäste auf der Tribüne. Zuletzt wurde gemunkelt, der (scheidende) Fifa-Präsident bleibe in Zürich, der Widerspruch gegen seine Person sei weiterhin zu groß.

Es mutet angesichts der aktuellen Ermittlungen rund um den Fifa-Weltverband mutig an; doch Jérôme Champagne, von 1999 bis 2010 stellvertretender Generalsekretär, stärkt Blatter den Rücken. Er sagt der „NZZ“: „Ich bin nicht da, um Blatter oder sonst jemanden zu verteidigen. Aber diese Geschichte wird Blatter Gerechtigkeit widerfahren lassen.“

Der Schweizer habe Großes geleistet und der Diplomat – er erwägt freilich die Fifa-Kandidatur – lobte Entwicklungsprogramme für Afrika, passend dazu rechnete er mit Uefa-Widersachern ab: „Im Rest der Fußballwelt gibt es einen Groll gegen dieses arrogante angelsächsisch-skandinavische Europa.“ Dass Blatter derart in der Schusslinie steht, erklärt Champagne so: „Einer seiner Fehler war es, die Fifa zu personalisieren. Er ist mit ihr verheiratet.“

Nun werde eine Scheidung vollzogen, ein Rosenkrieg sozusagen, der aber täglich neue Details zutage fördert. Etwa, dass Blatter Irland nach dem skandalösen Aus in der WM-Qualifikation 2010 (Stichwort: Hands-Pass von Henry in der Barrage) mit fünf Millionen Euro „abgefertigt“ hat. Es wurde von der Fifa bestätigt, mit diesem Agreement wurde einer Klage zuvorgekommen.

Während FBI und Interpol die vergangenen WM-Vergaben auf Korruption prüfen, lässt ein „Blick“-Bericht aufhorchen. Interpol schrieb sechs Funktionäre – darunter Jack Warner und Nicolás Leoz – zur Fahndung aus und leistete der US-Justiz Amtshilfe. Die Polizeibehörde erhielt 2010 aber selbst 20 Millionen Euro von der Fifa, so das Blatt: „zur Bekämpfung des Wettbetrugs“.

Seit Freitag ist die Liste potenzieller Blatter-Nachfolger um einen Namen reicher. Der südkoreanische Auto-Milliardär Chung Mong-joon (63, Hyundai) wird sich in Berlin bei Uefa-Präsident Michel Platini vorstellen. Neben Chung gelten Prinz Ali bin al-Hussein, Platini, Michael van Praag, Luís Figo, Scheich Ahmad al-Fahad al-Sabah, Champagne, David Gill, Zico und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach als Kandidaten. Der neue starke Mann wird zwischen Dezember 2015 und März 2016 gewählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2015)

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