Der Landeshauptmann rechtfertigt die rot-blaue Zusammenarbeit im Burgenland. Kanzler Faymann sieht er dadurch nicht in Frage gestellt.
Nach nur drei Verhandlungstagen hat SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl am Freitag eine neue, rot-blaue Regierung für das Burgenland präsentiert – und damit eine Welle an Kritik losgetreten. Zu der Geschwindigkeit, die er und sein künftiger Landeshauptmann-Vize, Johann Tschürtz (FPÖ), vorgelegt haben, sagte er am Samstag im Ö1-„Journal zu Gast“: „Es hat eine Sondierungsrunde mit allen Parteien gegeben.“ Die FPÖ habe erklärt, keine Dreierkoalition eingehen zu wollen. Daher habe man rot-blaue Gespräche aufgenommen und eine Koalitionsvereinbarung getroffen.
Die Vereinbarung besteht aus zwölf Kapiteln, verfasst in weniger als 48 Stunden. Den Vorwurf von Polit-Insidern, dass so etwas ohne Vorverhandlungen nicht möglich sei, begegnete Niessl so: „Wenn man drei Tage rund um die Uhr verhandelt, dann schafft man sehr viel.“
„Jede Landespartei ist anders“
Angesprochen darauf, dass er entgegen dem SPÖ-Beschluss vom November 2004 gehandelt habe – darin wurde eine Koalition der SPÖ mit der FPÖ abgelehnt – verwies Niessl im ORF-Radio auf eine vor der Landtagswahl durchgeführte Befragung der Mitglieder der Landespartei: Dabei hätten sich 88 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, dass die SPÖ Burgenland nach der Wahl mit allen im Landtag befindlichen Parteien Gespräche führt. Außerdem habe die ÖVP bei den Sondierungsgesprächen den Führungsanspruch gestellt.
>> Umfrage: Was halten Sie von Rot-Blau im Burgenland?
Zum scharfen innerparteilichen Protest gegen seine Entscheidung (die SP-Jugendorganisationen wollen bei einem Partei-Schiedsgericht Niessls Parteiausschluss beantragen) sagte der Landesparteichef: „Die Jugend hat ja bei uns im Landesparteivorstand mitgestimmt, es gab einen einstimmigen Beschluss, wo alle Organisationen vertreten waren." Er habe das Burgenland zu vertreten: „Wir haben uns an die Beschlüsse des Landesparteivorstandes zu halten", sagt er. Überhaupt sei jede Landesorganisation der SPÖ eine andere.
Stimmen innerhalb der SPÖ, die vor Fremdenfeindlichkeit oder Verhetzung durch die Freiheitlichen warnen, seien ihm nicht egal, sagte Niessl - aber: „Auch die FPÖ Burgenland ist anders, denn Sie haben von der FPÖ Burgenland in den letzten 15 Jahren (...) keine rechtsextremen Sager gehört, und da gibt es das auch nicht, und auch der Wahlkampf der FPÖ Burgenland war ein anderer als zum Beispiel in der Steiermark oder in anderen Bundesländern."
Kein Rot-Blau auf Bundesebene „in Ordnung“
Bundeskanzler Werner Faymann, dessen Stellvertreter er ist, sah Niessl nicht in Frage gestellt. Rufe nach dessen Ablöse würden ja nur von „einzelnen Funktionären" innerhalb der SPÖ kommen, so der Landeschef. Den Standpunkt Faymanns, wonach dieser auf Bundesebene eine Koalition mit der FPÖ weiterhin ausschließt, finde er „sehr in Ordnung". Andererseits akzeptiere dieser auch die Entscheidungen der SPÖ Burgenland, so Niessl. Aus seiner Sicht ist das Verhältnis zum Bundespartei-Vorsitzenden nicht getrübt, sagte er.
>> Eckpunkte des rot-blauen Regierungsprogramms
Keine Auskunft gab Niessl über die noch anstehenden Personalentscheidungen im roten Landesregierungs-Team. Zwei Posten sind ja noch zu vergeben, hier werde man am Montag oder Dienstag eine Entscheidung bekannt geben, verwies er auf die bereits bekannten Pläne. Auf die Frage, ob SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos - der als Kandidat für den Posten des Soziallandesrates gehandelt wird - in der künftigen Landesregierung vertreten sein wird, wollte Niessl nichts sagen; dafür äußerte sich am Nachmittag die Sozialistische Jugend in Salzburg, die Darabos „höchst bedenklich" nannte und seine Ablöse forderte.
ÖVP Burgenland trifft Grüne und LBL
Eine Schonfrist dürfen Niessl und Tschürtz im Burgenland nicht erwarten: Bereits nächste Woche führen ÖVP, Grüne und LBL (Bündnis Liste Burgenland) Gespräche, kündigte der geschäftsführende ÖVP-Landesparteiobmann Thomas Steiner an: „Eine nur auf Machterhalt ausgerichtete Koalition ist von der ersten Minute an genauestens zu kontrollieren", so Steiner in einer Aussendung. Denn, „das Burgenland darf kein zweites Kärnten werden." Es brauche daher eine starke Oppositionspolitik.
Auch in der roten Jugend hat Rot-Blau schon einiges ausgelöst. Der Landesvorsitzende der SJ im Burgenland, Kilian Brandstätter, der die Zusammenarbeit von SPÖ und FPÖ befürwortet, erklärte am Samstag seinen Rücktritt. Brandstätter, der im Bezirk Neusiedl am See ein Vorzugsstimmenmandat geschafft hat, will sich nun auf seine Arbeit im Landtag konzentrieren.
>> Bericht im Ö1- „Journal zu Gast“
(Red./APA)