Fixpunkt für globale Elite: Auf dem Podium, im Small Talk

The Davos World Economic Forum 2015
The Davos World Economic Forum 2015(c) Bloomberg (Jason Alden)
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Das Weltwirtschaftsforum in Davos und die Münchner Sicherheitskonferenz sind Drehscheiben für VIPs aus Politik und Wirtschaft.

Zwei Fixpunkte sind zu Jahresbeginn im Terminkalender der Mächtigen rot angestrichen. Ende Jänner geht vor der Zauberberg-Kulisse in Davos, der mondänen Kleinstadt im ostschweizerischen Graubünden, das World Economic Forum in Szene – ein exklusives Diskussionsforum über aktuelle Fragen der Weltpolitik und der Weltwirtschaft als Stelldichein der VIPs, das den Reiz daraus bezieht, Regierungschefs, EU-Granden und Konzernbosse auf den Podien bunt zusammenzuwürfeln. Der ungewöhnliche Mix eröffnet mitunter neue Perspektiven.

Abseits der Podien, bei Empfängen, offiziellen Essen oder auch nur im Small Talk zwischen den Terminen, trifft da Angela Merkel auf Microsoft-Gründer Bill Gates, und US-Außenminister John Kerry läuft den nahöstlichen Konterparts Benjamin Netanjahu und Mahmoud Abbas über den Weg. Für geistige Blutauffrischung in der Schweizer Bergluft, in den vergangenen Jahren vor allem im Zuge der Weltwirtschaftskrise, sorgen intellektuelle Vordenker und Ökonomen im Rang von Nobelpreisträgern.

Gesponsert wird das Weltwirtschaftsforum von Großkonzernen, die sich so auch einen Platz an der Tafelrunde erkaufen. Dies hat Davos freilich auch den Ruf eines Symbols des Kapitalismus und Neoliberalismus eingetragen. Erschaffen hat die prominente Drehscheibe zwischen Politik und Wirtschaft, die mit Filialen in Indien, China, Ostasien, Nahost, Dubai und Lateinamerika mittlerweile den Globus überzieht, der Deutsche Klaus Schwab. Der Professor für Unternehmenspolitik gründete das Forum 1971 mit dem Ziel, den Europäern US-Managementmethoden näherzubringen.


„Wanderzirkus“ der Globetrotter. Manche Spitzenpolitiker, die in Davos programmatische Reden über die globale Verflechtung hielten, reisten Anfang Februar nach München weiter – ein „Wanderzirkus“ der Polit-Globetrotter. Die Sicherheitskonferenz, 1963 als Wehrkundetagung ins Leben gerufen, hat sich als Jour fixe der Außen- und Sicherheitspolitik etabliert. Waren es anfangs Helmut Schmidt und Henry Kissinger, die über den Vietnamkrieg und die Bedrohung der Sowjetunion im Kalten Krieg debattierten, so avancierte das Treffen zuletzt zum Reigen von Spitzendiplomaten, bei dem die Krisenherde zur Sprache kommen – von Afghanistan über den Irak und Iran bis zur Ukraine. Joschka Fischer schleuderte als deutscher Außenminister 2003 dem US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Höhepunkt der Irak-Krise entgegen: „Excuse me, I am not convinced.“

Im Bayerischen Hof, dem Schauplatz der Konferenz, tummeln sich traditionell die Spitzen der US-Außen- und Verteidigungspolitik: Joe Biden, Hillary Clinton, John McCain. Hier proklamierte Deutschland seinen Anspruch auf eine größere weltpolitische Rolle, und Ukraines Präsident Petro Poroschenko fuhr dem russischen Außenminister Lawrow in die Parade.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2015)

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