G-7-Gipfel startet: Merkel gibt den Takt vor

Activists of Oxfam wearing traditional Bavarian clothing and masks depicting leaders of member countries of G7 protest in Garmisch-Partenkirchen
Activists of Oxfam wearing traditional Bavarian clothing and masks depicting leaders of member countries of G7 protest in Garmisch-Partenkirchen(c) REUTERS (MICHAELA REHLE)
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Die Staats- und Regierungschefs sieben großer Industrienationen beraten in Bayern - Russland fehlt. Die deutsche Kanzlerin hat ambitionierte Pläne, Gipfelgegner protestieren bei einem "Sternmarsch".

Abgesehen von ein paar Stunden Schlaf, so Gastgeberin Angela Merkel im Vorfeld des G7-Gipfels im bayerischen Elmau, werden die Teilnehmer in 24 Stunden ein ambitioniertes Programm abarbeiten. Die deutsche Bundeskanzlerin gibt die Themen vor: Terrorismusbekämpfung, Weltwirtschaft und bilaterale Handelsbeziehungen, Vorbereitungen zur Klimakonferenz in Paris (ab Ende November), wirksame Entwicklungshilfe, Kampf gegen Antibiotikaresistenzen sowie Tropenkrankheiten in ärmeren Ländern, die Rolle der Frauen sowohl in entwickelten Ländern als auch in Entwicklungsländern sowie mehr Transparenz bei den Textillieferketten (Merkel: „Wir erinnern uns mit Schrecken an die Vorkommnisse in Bangladesch“).

Zum Gipfel, der am heutigen Sonntag beginnt, werden auch die Präsidenten von Schwellenländern wie Nigeria, Liberia und Senegal anreisen, aber auch ihre Pendants aus Tunesien und Irak (Outreach-Treffen). Im Fall der letzten beiden Staaten wird hauptsächlich die unmittelbare Bedrohung durch Terroristen ein Thema sein. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ist ebenfalls in Elmau zugegen, so auch Vertreter der Weltbank und weiterer Organisationen.

"Sanfte Proteste" am Wochenende

Zu friedlichen Protesten gegen den Gipfel kam es bereits vor dem Wochenende: In München glich eine Demonstration eher einem Faschingsumzug, in Garmisch-Partenkirchen wurden Zeltlager errichtet, die allerdings in der Nacht auf Samstag von einem heftigen Regenfall eingeweicht wurden. Kurzzeitig kochte die Stimmung am Samstag dennoch hoch: Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein, Demonstranten hatte Feuer gelegt, mehrere Personen wurden festgenommen.

Mittlerweile ist die Lage wieder entspannt. Sonntagvormittag begann in Garmisch-Partenkirchen ein Sternmarsch in Richtung Schloss Elmau. Mehr als 200 Demonstranten starteten mit Fahrrädern vom Garmischer Bahnhof aus. Mehrere 100 Protestteilnehmer wollten sich nach Angaben der Veranstalter kurz darauf zu Fuß auf den Weg machen.

In Summe werden bis zu 10.000 Demonstranten erwartet. Anlässlich der Wahlen in der Türkei am Sonntag wurde in Garmisch auch gegen den Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan demonstriert. In Elmau selbst ist es per Gerichtsbeschluss nur einer Handvoll Aktivisten erlaubt, gegen den Gipfel zu protestieren. Insgesamt herrscht jedenfalls höchste Sicherheitsstufe in der Region, das Schengen-Abkommen wird bis Mitte Juni in Bayern und Baden-Württemberg aufgehoben. Mit Verkehrsbehinderungen ist großflächig zu rechnen, auch auf dem Weg nach Österreich über den Brenner, die Tauern- und Inntal-Autobahn sowie über die Karawanken.

"Russland behandelt uns, als wären wir blöd"

Ambivalent bleibt indessen die Reaktion auf den Ausschluss Russlands. Seit der Krim-Annexion wurden aus den G8 wieder die G7 (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien, Vereinigte Staaten). Während die einen die Ausladung Russlands als verpasste Chance für einen Dialog bedauern, sind die anderen für einen dauerhaften Boykott. „Russland behandelt uns, als wären wir blöd“, sagte Kanadas Premier Stephen Harper. Solange Wladimir Putin Präsident sei, dürfe Russland auch nicht zu den G7 zurück. Merkel dürfte dieselbe Meinung vertreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2015)

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