Pierre Brice: Ein alter Jugendfreund ist tot

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Als Winnetou stand er für Freiheit und Würde. Mit Pierre Brice ist eine zentrale Figur aus den Kinderzimmern mehrerer Generationen gestorben.

Er war einer, den man weniger unter seinem echten Namen kannte. So wie Leonard Nimoy immer Spock war, wurde bei Pierre Brice auch immer über Winnetou geredet. Was kein Wunder war, war der Apachenhäuptling doch von den 1960er-Jahren an für mehrere Generationen ein Begleiter, mit dem man sich im Kinderzimmer auf die spielerische Reise in die Prärie machte. Nach den Romanen von Karl May stand Winnetou dabei für das naive Ideal eines Helden, der für Frieden, Freiheit und Menschenwürde kämpfte. Eine Vorstellung, die im deutschsprachigen Raum knapp zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs offenbar auf einen fruchtbaren Boden fiel. Für Pierre Brice war es die Rolle seines Lebens. Konsequenterweise hieß seine 2004 veröffentlichte Autobiografie auch „Winnetou und ich. Mein wahres Leben“.

Die Parallelen zwischen seinem Leben und dem der von ihm gespielten Figur breitete er auch immer wieder aus. Beide seien mutig gewesen und hätten für Gerechtigkeit und Freiheit gekämpft. Der 1929 im französischen Brest geborene Pierre Louis Baron Le Bris etwa in der deutschen Besatzung, als er als Kind für die Résistance heimlich Nachrichten überbrachte. Oder als er mit 19 Jahren als Freiwilliger in den Krieg nach Indochina ging, danach in Algerien kämpfte.

Seine Schauspielkarriere startete erst so richtig, als er sich bei den Berliner Filmfestspielen 1962 einen Preis abholen sollte. Der deutsche Produzent Horst Wendlandt, der gerade die Verfilmung des Karl-May-Romans „Der Schatz im Silbersee“ plante, entdeckte in dem Mann mit dem stoischen Blick die ideale Besetzung für den Winnetou. Brice hatte bis dahin noch nie etwas von Karl May gelesen.

Dementsprechend überrascht war er, als er in Deutschland plötzlich als Star gefeiert wurde. Als Star, der für viele Kinder und Jugendliche zu so etwas wie dem besten Freund wurde. Man lebte und litt mit ihm – und als er 1965 den Filmtod starb, hagelte es Proteste. Sein Produzent ließ ihn filmisch wiederauferstehen. In insgesamt elf Filmen spielte er den Winnetou, danach trat er bei diversen Karl-May-Festspielen auf – als Indianerhäuptling mit französischem Akzent. 1991 legte er in Bad Segeberg zum letzten Mal sein Winnetou-Kostüm an.

Am Morgen des 6.Juni 2015 kam die Nachricht, dass Pierre Brice in Paris an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben ist. Winnetou ist tot.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2015)

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