"Game of Thrones": Staffel fünf, Folge neun

Davis Seaworth und Shireen Baratheon
Davis Seaworth und Shireen Baratheon(c) HBO
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"The Dance of Dragons" ist eine aufwühlende Folge mit einem Höhe- und einem Tiefpunkt.

SPOILERWARNUNG: Ich blogge zu jeder "Game of Thrones-Folge und verrate Details zur Handlung. Bitte hinterlassen Sie in den Kommentaren keine Spoiler, die die Handlung über diese Folge hinaus verraten.

Das hatten wir doch alle schon befürchtet, seit Melisandre in Folge sieben "The Gift" Stannis Baratheon diesen Vorschlag gemacht hat: Verbrenn deine Tochter und der Sieg ist dein. Indem er Shireen opfert, würde er die Gunst des Feuergottes R'hllor erlangen und Winterfell einnehmen, macht sie ihn glauben. Nachdem eine Guerilla-Truppe Ramsay Boltons Stannis Heer weiter geschwächt hat und seine Mission droht, zu einer Art Stalingrad von Westeros zu werden, stimmt er diesem Vorschlag tatsächlich zu.

Der Titel der Folge bezieht sich natürlich auch auf Band fünf von George R.R. Martins "A Song of Ice and Fire"-Reihe "A Dance With Dragons", in erster Linie aber auf das Buch, das Shireen liest. Es erzählt die Geschichte des Krieges zwischen den Geschwistern Rhaenyra und Aegon Targaryen, der das ganze Land ins Unglück stürzt und den Untergang der Dynastie einläutete. "You'll read it yourself", sagt das Kind noch zu Davos Seaworth, dem sie das Ende nicht verraten will. Prophetisch. Der "Onion Knight" wird von Stannis an die Wall geschickt. Wohl wissend, Davos würde dieses "Opfer" mit allen Mitteln zu verhindern versuchen.

"Where is my father?"

Shireens Schreie, als sie verbrannt wird, gehören zum schlimmsten, was ich in "Game of Thrones" gesehen oder gehört habe. Und da gab es einiges. Zumindest bleibt uns der Anblick des sterbenden Kindes erspart. Am Ende ist es Selyse, bekanntermaßen schlechte Mutter und religiöse Fanatikerin, die zu ihrer Tochter läuft, nicht Stannis, nach dem sie ruft. Er liebt sein einziges Kind, das hat er wiederholt gezeigt, aber er ist ein fantasieloser, blindgläubiger, fanatischer und machtgieriger Idiot. Es gibt IMMER einen anderen Ausweg.

Den Mord an Shireen ist ein emotionaler Tiefpunkt der Serie, auf den auch Buchleser nicht vorbereitet waren. Den gibt es in der Buchvorlage nicht, noch nicht. Einige Leser haben schon die Befürchtung geäußert, dass das passieren wird. Sicher ist jetzt nur eines: Dieser Bruder- und Tochtermörder wird am Ende der Saga nicht auf dem Eisernen Thron sitzen.

Dient Shireens Tod in der Erzählung also nur dafür, Stannis als Unmenschen zu entlarven? Das wäre grausam. Die Frage, die sich mir hier stellt, ist: Welche Geschichte will uns "Game of Thrones" eigentlich erzählen? Ist es eine von sinnloser Grausamkeit und blinder Machtgier? Die Geschichte menschlichen Versagens? Was soll übrig bleiben von der Serie? Hoffentlich mehr, als die "Innovation", dass jede deiner Lieblingsfiguren jederzeit sterben kann. Am Ende wird sie auf das alte, ewige Lied von Gut und Böse hinauslaufen (wobei Gut und Böse viele Einsprengsel des jeweils anderen haben). Das Gute siegt bekanntlich immer.

"Your rebellion is over"

Am anderen Ende von Westeros droht ein weiteres Kind, Spielball der Machtpläne seines Vaters zu werden. Doran Martell stimmt zu, seinen Sohn Trystane gemeinsam mit Myrcella nach King's Landing zu schicken. Mitten ins Feindesland. So verkauft er das zumindest Jaime, aber Doran ist ein kühler, kalkulierender Herrscher und es würde mich wundern, wenn er da nicht einen ausgefeilten Plan hat – einen, der Trystane nicht unnötig in Gefahr bringt.

Endlich zeigt "Game of Thrones" zumindest ansatzweise, was an dieser Figur und an Dorne in den Büchern so fesselnd ist. Doran ist die Verkörperung eines Themas, das sich generell durch "Game of Thrones" zieht: Die scheinbar schwachen bzw. "defekten" Charaktere Daenerys, Tyrion, Doran, Arya, Bran, Ser Davos etc. bezwingen ihre Schwächen regelmäßig und werden laufend stärker. Und können damit auch die scheinbar Übermächtigen bezwingen, sofern sie nicht übermütig werden (siehe Oberyn, und auch der erste Kampf in Meereen).

"But I've seen war"

Einen Krieg, wie ihn die Sand Snakes und Ellaria wollten, hat Doran damit fürs erste erfolgreich verhindert – ebenso wie den Machtkampf innerhalb seiner Familie. "Your rebellion is over", sagt er zu Ellaria, bevor er sie erneut die Treue schwören lässt. Allein hätte er einen Krieg gegen die Lannisters und Tyrells ohnehin nicht gewinnen können. "But I've seen war", sagt er zu Ellaria. Will heißen: Ich weiß, was Krieg bedeutet. Und ich kenne seinen Preis.

Krieg kostet - darum ist Familienoberhaupt Mace Tyrell in Braavos bei der Iron Bank. Der hat zwar nicht den Witz seiner Mutter Olenna, aber doch durchaus eine scharfe Zunge, wie er im Dialog mit dem Banker Tycho Nestoris (Hello again, Mycroft Holmes!) beweist. "You are the world's best gamblers", attestiert Mace dem Bankier. Mit ihm gereist ist Meryn Trant aus der Königswache, der mutmaßliche Mörder von Arya Starks Kampflehrer Syrio Forel. Dass er ein Arsch ist, sehen wir schon an seinem Blick. "Game of Thrones" muss das noch deutlicher machen, und lässt ihn im Bordell nach blutjungen, jungfräulichen Mädchen verlangen.

(c) HBO

Arya, mit cooler neuer Frisur dann doch optisch etwas verwandelt, wird nicht nur Zeugin der Szene, sie schmiedet auch Pläne. Sie mag sich Lanna nennen und die Kunst des "No one"-werdens anstreben, aber als Kind des Nordes vergisst sie nicht. Hier dürfte die Serie erneut vorausgreifen, Buchleser kennen eine ähnliche Geschichte aus einem der Kapitel aus "The Winds of Winter" (das frühestens Anfang 2016 veröffentlicht wird), das George Martin in seinem Blog veröffentlicht hat.

Ich frage mich, wieso - oder besser, für wen - Arya zur gesichtslosen Killerin ausgebildet wird. Vielleicht für den Bruder- und Tochtermörder Stannis? Nach dem Motto: Mädchen mordet Mädchenmörder.

"You have a good heart, Jon Snow. It will get us all killed"

Oben im Norden übt sich Jon Snow wieder mal im Bockschauen - aber nach dem Night's King ist Ser Alliser Thorne ein Jausengegner. Der öffnet die Tore und lässt die Wildlinge passieren, ohne sich auf einen Machtkampf mit Jon einzulassen. Überzeugt von der Mission scheint von den Brother's of the Night's Watch alleine Sam Tarly. "You have a good heart, Jon Snow. It will get us all killed", sagt Alliser und spricht damit vielen aus der Seele. Wohl auch dem gruseligen Buben Olly, der in Castle Black herumschleicht.

Noch bleibt es unblutig in Castle Black, im Gegensatz zu den Fighting Pits in Meereen. Mögen die Gladiatorenkämpfe beginnen. Die von Eifersucht angefachte Diskussion zwischen Daenerys, Hizdahr zo Loraq und Danerys Liebhaber Daario Naharis ist herrlich - vor allem, weil Tyrion Daenerys Gedanken ausformuliert, die Härte gekonnt durch Witz abgeschwächt.

Hizdahr zo Loraq und Daenerys
Hizdahr zo Loraq und Daenerys (c) HBO

Dass Danys treuer Ritter Jorah den Kampf gegen drei Gegner überlebt, darauf hätte ich nicht gewettet. Klassischer Fall einer "Der lebt ja immer noch"-Figur. Auch hätte ich Geld darauf gesetzt, dass Hizdar der Kopf der Mörderbande Sons of the Harpy ist, die mehr Anhänger hat, als man vermutet. Nach seinem Tod durch einen der Harpyiensprösslinge halte ich das für unwahrscheinlich. Die Männer und Frauen in den goldenen Masken meucheln zu Chorgesängen, wie man sie aus der Oper kennt, das halbe Stadion nieder, ehe sie Daenerys einkesseln.

"I believe in second chances. I don’t believe in third chances", sagt Doran zu Ellaria in Dorne. Der Satz könnte auch für Daenerys stimmen. Als Königin von Meereen hat sie versagt. Mit ihrem Leben muss sie dafür nicht bezahlen. Keiner von Danys Verehrern rettet sie, sondern ihr "Kind": Drogon, größer und stacheliger denn je, befreit Daenerys, die den Tod aufrecht, aber mit geschlossenen Augen erwartet. Mehr noch, sie darf auf ihm fliegen. Das sind die Momente, die ich an "Game of Thrones" trotz all er Grausamkeiten so mag. Ein Höhepunkt.

Und siehe da: Tyrion lernt zu glauben. Jetzt muss er nur noch die Flucht überleben – aber er hat ja Stehaufmännchen Jorah an seiner Seite.

Rhaegal und Daenerys
Rhaegal und Daenerys(c) HBO

Die Drachen:

Die CGI-Optik beim Aufstieg Drogons war etwas verkorkst. Drogon ist "sensibler", als ich ihn mir vorgestellt habe. Die Speere durchbrechen seinen Panzer. Außerdem scheint ihm inmitten des Kampfes das Feuer auszugehen. 

Zitat der Woche:

  • Tyrion zu Hizdahr: "My father would have liked you." Allein, weil ich dachte, dass mich nach Shireens Tod in dieser Folge nichts mehr zum Lachen bringen könnte. 
  • Ellaria flirtet mit Jaime (und weiß offenbar, wer Myrella und Tommens Vater ist): "It's always changing, who we're supposed to love and who we're not."

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Redaktioneller Hinweis: Die aktuellen "Game of Thrones"-Folgen werden dem Autor vom Sender Sky zur Verfügung gestellt, der die Serie in Österreich zeigt. 

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