Wachstum 2016: Alles wird besser, nichts wird gut

Austrian National Bank Governor Nowotny presents the bank´s 2015-2017 economic forecast for Austria
Austrian National Bank Governor Nowotny presents the bank´s 2015-2017 economic forecast for Austria(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Es geht mit Österreich wieder aufwärts: Das Wachstum werde 2016 – auch dank der Steuerreform – bei 1,9 Prozent liegen, sagt die Notenbank. Doch Grund zur Freude gibt es nicht.

Wien. Im kommenden Jahr wird alles besser, aber deshalb wird es noch lang nicht gut: So lässt sich die am Montag präsentierte Wachstumsprognose der Nationalbank (OeNB) kurz zusammenfassen. Zwar erwartet Gouverneur Ewald Nowotny 2016 „das Ende der vierjährigen Konjunkturschwäche“. Österreich hat aber ein Strukturproblem, das sich vor allem in einem sinkenden Exportanteil ausdrückt. Gerade im Autozulieferungsbereich gibt es massive Probleme (siehe nebenstehenden Bericht).

„Der Konjunktureinbruch ist zu Ende, die Gefahr der Deflation ist überwunden, die Notfallmaßnahmen der EZB (das Anleihenrückkaufprogramm, Anm.) dürften erfolgreich sein“, erklärte Nowotny die Prognose der OeNB. Sie ist für Österreich vor allem deshalb erfreulich, weil das Wachstum für 2016 von den Experten der Bank um 0,3 Prozentpunkte nach oben revidiert wird. Auf die 1,9 Prozent im kommenden Jahr folgt ein Wachstum von 1,8 Prozent im Jahr 2017. Heuer bleibt es mit einem Plus von 0,7Prozent dagegen schwach.

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Positive Steuerreform

Hauptgrund für die positivere Entwicklung 2016 ist die oft gescholtene Steuerreform. Sie gebe wichtige Impulse, indem sie den Menschen mehr Geld lasse. Die Steuerreform werde ab 2016 „zu einer deutlichen Entlastung der Haushalte führen und das Wachstum der verfügbaren Haushaltseinkommen um 1,6 Prozentpunkte im ersten Jahr und um 0,4 Prozentpunkte im darauf folgenden Jahr (2017, Anm.) stärken“. Damit falle der Zuwachs im real verfügbaren Haushaltseinkommen mit plus 1,8 Prozent heuer, plus 2,8 Prozent 2016 und plus 1,6 Prozent 2017 deutlich höher aus als in den Vorjahren. „Daher wird sich der private Konsum insbesondere 2016 und 2017 dynamischer entwickeln als in der jüngsten Vergangenheit.“

Die Problemgebiete sind der Export, die Arbeitslosigkeit, die bis 2017 hoch bleiben wird, und der Mangel an Investitionen. Das alles habe dazu geführt, dass Österreich von 2013 bis 2015 „deutlich von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt wurde“, meinte Nowotny. Dieses Nachhinken „beschäftigt uns doch massiv“.

Bei den Exporten verzeichnet Österreich in den vergangenen Jahren eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit. Gerade auf dem Kernmarkt Deutschland wurden österreichische Exporteure von anderen Ländern verdrängt. Dabei sei es weniger ein reines Kostenproblem als vielmehr ein Strukturproblem, da viele Märkte, speziell in Osteuropa, nicht mehr so stark gewachsen und Konkurrenten in Europa viel stärker geworden seien. „Vor dem Hintergrund dieser strukturellen Veränderung erwartet die OeNB, dass Österreich auch in den kommenden Jahren Marktanteile einbüßen wird, wenngleich der Verlust kleiner werden wird“, heißt es in der 31-seitigen „Gesamtwirtschaftlichen Prognose“. In Zahlen ausgedrückt: Selbst im Prognosezieljahr 2017 werden die realen Exporte Österreichs nur um 4,8Prozent steigen. Damit bleibt das Exportplus deutlich hinter dem Schnitt der Jahre von 1999 bis 2008 von 6,2Prozent pro Jahr zurück. Seit 2007 hat Österreich laut Doris Ritzberger-Grünwald, Leiterin der Abteilung Volkswirtschaft, etwa fünf Prozent Marktanteil bei den Exporten verloren.

BIP stagniert

Bei den Investitionen ist die aktuelle Schwäche laut Notenbank durch die geringe gesamtwirtschaftliche Nachfrage und eine ausgeprägte Unsicherheit über die zukünftige Ertragslage bedingt. 2015 bedeutet das ein Schrumpfen der Investitionen um 1,9 Prozent. 2016 werden sie sich im Gleichklang mit dem Wirtschaftswachstum entwickeln, erst 2017 wird wieder ein stärkerer Anstieg erwartet.

Die erfreuliche Nachricht zum Schluss: Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt Österreich nach wie vor sehr gut, übertroffen nur von Irland, den Niederlanden und Luxemburg. Der Dämpfer bei dieser erfreulichen Nachricht: Das reale BIP stagnierte in den vergangenen Jahren, während es in Deutschland und im Euroraum deutlich nach oben ging. (rie)

AUF EINEN BLICK

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat am Montag ihre Wachstumsprognose für heuer mit einem Plus von 0,7 Prozent unverändert gelassen und jene für 2016 von bisher 1,6 Prozent auf 1,9 Prozent erhöht. Für 2017 erwarten die Notenbanker in Österreich ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent. Sorgen machen die Experten sich wegen der Exportschwäche und der Strukturprobleme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2015)

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