Schweinegrippe: "Wie schütze ich mich?" und weitere Fragen

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Einfache Vorkehrungen - wie etwa Händewaschen - helfen, eine Infektion zu vermeiden. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum derzeitigen Thema Nummer eins.

Die Schweinegrippe ist kein Killervirus“, erklärte Michael Kunze, Leiter des Instituts für Sozialmedizin in Wien, der „Presse“. Dennoch machen sich viele Menschen Sorgen, sich anzustecken. „Wir beobachten einen verstärkten Informationsbedarf bei den Apothekenkunden“, bestätigt die Vizepräsidentin der österreichischen Apothekerkammer, Christiane Körner, am Mittwoch. Was ist Schweinegrippe? Wie kann man sich schützen? Was sollte man tun, wenn man bei sich selbst plötzlich verdächtige Symptome bemerkt? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum derzeitigen Thema Nummer eins.

1. Wie schütze ich mich im Alltag effektiv gegen die Schweinegrippe?

Grundsätzlich so wie bei anderen Grippearten. Im Detail heißt das: Immer wieder Hände waschen mit warmem Wasser (das Wasser muss also nicht besonders heiß sein). Normale Seife reicht aus, hoch konzentrierte Desinfektionsmittel müssen nicht verwendet werden.

Zu beachten ist, dass das Schweinegrippevirus (H1N1-Virus) über die Schleimhäute in den Organismus eindringt. Daher sollten (ungewaschene) Finger möglichst nicht in Mund, Nase oder Augen gelangen. Freilich wird die Gefahr einer Ansteckung auch durch Kontakte von Schleimhaut zu Schleimhaut größer. „Also weniger Küssen“, meint Apothekerkammer-Vizepräsidentin Körner mit einem Augenzwinkern – zumal sie ausdrücklich darauf hinweist, dass es in Österreich derzeit „keine Grippeepidemie“ gibt. Erst bei Auftreten von mindestens 10.000 Fällen würden wohl von offizieller Seite größere Menschenansammlungen, Veranstaltungen etc. abgesagt. Eine Schweinegrippehysterie sei völlig fehl am Platz.

Wenngleich sich die Infektionsgefahr natürlich reduziert, wenn man generell Menschenansammlungen meidet, besteht laut Körner derzeit „absolut kein Grund zu sagen, man darf zum Beispiel nicht mehr U-Bahn fahren“. Der Kontakt zu bereits erkrankten Menschen sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Körner: „Nicht anhusten lassen!“

Wie bei der Abwehr vieler Erkrankungen gilt auch für die Grippe: Ein guter Immunstatus – dieser kann unter anderem durch Bewegung (Fitness), gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf hergestellt werden – schützt vor Infektionen.

2. Muss ich – wie die Bilder aus Mexiko nahelegen – eine Schutzmaske tragen?

Nein. Da eben derzeit nicht von einer Epidemie oder gar einer Pandemie (zunehmende und anhaltende weltweite Ausbreitung der Erkrankung) gesprochen werden kann, besteht dafür in Österreich keine Notwendigkeit. Sollte es dazu kommen, stehen laut Gesundheitsministerium acht Millionen Schutzmasken zur Verfügung, die rasch an die Bevölkerung verteilt werden können.

Wer gleich eine Maske haben möchte, kann sich in der Apotheke eine kaufen. Es werden verschiedene Arten von Schutzmasken angeboten. Die Funktionsweise einer Schutzmaske: Sie dient sozusagen als mechanische Barriere gegen eine Tröpfcheninfektion. Beim Husten, Niesen, manchmal auch beim Sprechen werden Keime frei, die an ausgeworfenen Tröpfchen anhaften. Diese werden durch die Masken gefiltert.

Weltweit wurden bisher drei seinerzeit durch neue Viren hervorgerufene Influenzapandemien festgestellt, die Spanische Grippe in den Jahren 1918 bis 1920, die Asiatische Grippe, 1957–1960, und die Hongkong-Grippe, 1968–1970. In Österreich tritt, wenn nötig, ein Pandemieplan in Kraft.

3. Welche Symptome treten nach einer H1N1-Virusinfektion auf?

Im Grunde dieselben wie bei einer herkömmlichen saisonalen Grippe. Etwa plötzlich auftretendes, mitunter hohes Fieber, Husten, Halsweh, Kopf- und Gliederschmerzen, Schwächegefühl, Durchfall, Übelkeit. Apropos saisonale Grippe: Diese tötet jährlich weltweit bis zu 500.000 Menschen. Die meisten davon sterben an den Folgeerkrankungen bzw. an Komplikationen, die im Zuge der Krankheit auftreten. Das sind vielfach Lungenentzündungen oder etwa Herzmuskelentzündungen.

Auch in Österreich wird jedes Jahr während der Grippewelle, meist Jänner, Februar, eine sogenannte Übersterblichkeit registriert. „Das reicht je nach Saison von 1500 oder 2000 Personen bis hin zu 6000 Personen und mehr“, erklärt Körner. Im Vergleich dazu sind die derzeit vorliegenden Schweinegrippezahlen in Österreich extrem niedrig.

4. Was sollen Menschen tun, die bereits einen Verdacht auf Schweinegrippe haben?

Die naheliegende, auch vom Gesundheitsministerium (www.bmg.gv.at) kommende Antwort: zum Arzt gehen. Dies wird allerdings durch Sozialmediziner Kunze relativiert. Wer zum Beispiel gerade aus Mexiko zurückgekehrt sei „und sich irgendwie schlecht fühlt“, sollte seinen Hausarzt anrufen und fragen, was zu tun sei. Ein Aufenthalt im Wartezimmer sei in Influenzazeiten mit dem Risiko einer Übertragung auf andere Personen verbunden. Insofern sollte „ein möglicher Betroffener auch nicht gleich ins Spital rennen“. Kunze: „Epidemiologisch ist der sofortige Gang ins Spital nicht optimal.“

Übrigens: Einen eigenen Impfstoff für die Schweinegrippe gibt es noch nicht, dieser kann aber binnen zwölf Wochen entwickelt werden. Antivirale Medikamente werden bei Bedarf vom Arzt verschrieben.

Das gegen H1N1 wirksame Medikament Tamiflu ist in der jetzigen Phase über Apotheken gegen Rezept erhältlich. Die Einnahme richtet sich nach der Gebrauchsinformation mit 2 x 1 Tabletten für die Behandlung und eine Kapsel täglich für die Prophylaxe. Der offizielle Apothekenpreis beträgt 44,10 Euro pro Packung. In späteren Phasen der Pandemie würde Tamiflu aus den Vorräten der Republik zur Verfügung gestellt. Genaues zu den Modalitäten wird in solch einem Fall entsprechend den epidemiologischen Erfordernissen entschieden und veröffentlicht.

5. Wie verhalte ich mich bei Reisen in gefährliche Gebiete?

„Bei Reisen in betroffene Regionen wird empfohlen, mit dem Hausarzt die Verschreibung und Mitnahme eines antiviralen Medikamentes (Neuraminidase-Hemmer) für den Fall einer Infektion zu besprechen.“ Diese Empfehlung findet sich auf einem offiziellen Merkblatt des österreichischen Gesundheitsministeriums, das auf den Flughäfen aufliegt.

Wer nach einem Aufenthalt in einem von Schweinegrippe betroffenen Gebiet verdächtige Symptome bemerkt, sollte einen Arzt kontaktieren und diesen über die Reise in Kenntnis setzen. Die Inkubationszeit bei herkömmlicher Grippe beträgt sieben bis zehn Tage. Jene von Schweinegrippe ist medizinisch noch nicht eindeutig geklärt, dürfte sich aber im selben Bereich bewegen.

6. Ist eine Infektion durch den Verzehr von Schweinefleisch möglich?

Praktisch nein. Schweine oder Schweinefleisch aus Mexiko werden nicht in die EU eingeführt. Schweinefleisch aus den USA darf nur unter bestimmten Auflagen importiert werden. Sollte doch ein Erreger in dem im Handel erhältlichen Schweinefleisch vorhanden sein, so wird dieser durch die Hitzeeinwirkung des normalen Kochvorgangs getötet.

7. Wie kann das Virus nachgewiesen werden?

Test-Ergebnisse stehen grundsätzlich innerhalb weniger Tage in Abhängigkeit des Probeanfalls zur Verfügung. Notwendig für Analysen sind in der Regel schmerzfreie Abstriche im Nasen-Rachenraum. Am sichersten und schnellsten ist eine gentechnische Analyse, die eine genaue Übereinstimmung mit bekannten Subtypen feststellen kann. Getestet wird derzeit auch anhand eines Ausschussverfahrens, bei dem bekannte Erreger - beispielsweise der Influenza A - Schritt für Schritt als nicht übereinstimmend ausgesondert werden, bis ein Treffer erzielt wird. Zusätzlich gibt es theoretisch noch eine indirekte Methode über den Nachweis von Antikörpern im Blut.

8. Wann spricht man von einem Verdachtsfall?

Wenn Personen, die aus einer betroffenen Region kommen, Fieber und eine die Atmung betreffende Symptomatik aufweisen und innerhalb von sieben Tagen nach Rückkehr Symptome entwickeln oder nachgewiesen infiziert sind, spricht man von einem Verdachtsfall. Auch wer engen Kontakt zu solchen Personen hatte, wird als Verdachtsfall behandelt. Enger Kontakt besteht bei einem Leben im gemeinsamen Haushalt sowie bei einer Unterbringung im gleichen Kranken- oder Pflegezimmer, weiters gelten folgende Definitionen:

- Menschen, die einen gemeinsamen Raum teilen oder sich länger als vier Stunden weniger als einen Meter in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten haben.

- Flugreisende, die in der gleichen oder zwei Reihen vor oder hinter einer manifest erkrankten Person bei einem Langstreckenflug gesessen sind.

- Personen, die bei der Entsorgung, Kontakt zu kontaminiertem Material hatten

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2009)

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