ÖBB: Fast eine Milliarde Verlust

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Die staatlichen ÖBB mussten im Vorjahr ein Minus von 965,9 Mio. Euro hinnehmen. Der Großteil davon stammt aus Rück-Stellungen für die Spekulations-Geschäfte und Abschreibungen auf das Anlagevermögen.

Wien (jaz).Schlechte Nachrichten soll man dem Empfänger schonend und in kleinen Häppchen beibringen. Nach diesem Motto agiert zur Zeit die ÖBB-Führung. Im Dezember kündigte Bahn-Finanzchef Josef Halbmayr an, dass die Bilanz 2008 durch Rückstellungen für missglückte Spekulationsgeschäfte mit rund 450 Mio. Euro belastet sein wird. Vor zwei Wochen erklärte er vor Journalisten, dass es einen Verlust von zumindest 800 Mio. Euro geben wird. Bei der Bilanzpräsentation wurde nun das ganze Ausmaß des Rekordverlustes bekannt: Die staatlichen ÖBB mussten im Vorjahr ein Minus von 965,9 Mio. Euro hinnehmen.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

ÖBB

Veränderung
20082007in Mio. €in %Umsatz 5.031,104.874,20156,903,22Erträge 5.810,005.521,00289,005,23EBIT 51,20513,60-462,40-90,03Ergebnis vor Steuer-969,9044,40-1.014,30
Jahresergebnis-965,9042,40-1.008,30
Der Großteil davon stammt aus Rückstellungen für die Spekulationsgeschäfte und Abschreibungen auf das Anlagevermögen. So belasten die Spekulationsgeschäfte die Bilanz mit 420 Mio. Euro. Wie berichtet fungieren die ÖBB bei diesen Geschäften als Versicherungsgeber für Kreditrisken, die eine Zahlung von 612,9 Mio. Euro nach sich ziehen könnten. Weitere 376 Mio. Euro gehen auf das Konto der Impairment-Abschreibungen. Um diese wurde der Wert von Loks und Waggons in den Büchern reduziert. Dies ist aufgrund der durch die Wirtschaftskrise verschlechterten Geschäftsaussichten notwendig geworden. Zusätzlich kommen noch Abwertungen in Höhe von 123 Mio. Euro im Zusammenhang mit Cross-Border-Leasing-Geschäften und dem verringerten Firmenwert der im Vorjahr gekauften MÁV-Cargo.

Verlust trotz höheren Umsatzes

Diese Maßnahmen bringen zwar die Bilanz der ÖBB in den blutroten Bereich, ziehen aber noch keine wirklichen Auszahlungen von Geld nach sich. Anders sieht das bei den Ergebnissen des operativen Betriebs aus. Denn auch dort hat sich die Bahn im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert. Der Personenverkehr ist mit 16,1 Mio. Euro ins Minus gefahren, der Gewinn beim Güterverkehr fiel geringer aus als 2007. Dies, obwohl beide Bereiche steigende Umsätze verzeichnen konnten.

Grund dafür sind vor allem gestiegene Personalkosten und höhere Ausgaben bei „bezogenen Leistungen“. So sind die Personalkosten bei der Bahn trotz eines um rund 430 Personen gefallenen Mitarbeiterstands um sieben Prozent oder 147 Mio. Euro gestiegen. Begründet wird dies von Halbmayr mit dem „hohen Lohnabschluss von 4,5 Prozent“ und den automatischen Lohnsteigerungen aufgrund des Senioritätsprinzips bei der Bahn. Die „bezogenen Leistungen“ sind um 173 Mio. angestiegen. Darunter fallen beispielsweise Zahlungen an Busunternehmer, die Strecken fahren, für die die Bahn die Lizenzen hält. Wegen der gestiegenen Dieselpreise erhielten diese Subfirmen mehr Geld. Die Bahn konnte diese Mehrkosten „aufgrund der langfristigen Verträge mit den Ländern“ aber nicht weitergeben, sagt Vertriebsvorstand Gustav Poschalko. Ob solche Buslizenzen, die Risken aber keine Gewinne bringen, Sinn machen, konnte er nicht schlüssig beantworten.

Die Personalstruktur im Überblick:




Veränderung ÖBB – Personal20082007absolutin %Angestellte10.7919.2731.51816,37MA mit Definitivstellung30.05032.299-2.249-6,96Lehrlinge1.4241.3211037,80Summe42.26542.893-628-1,46Wegen dieser Kostensteigerungen muss die Bahn auch ohne der Sondereffekte ein Minus von 52 Mio. Euro hinnehmen. Daran konnte die Umsatzsteigerung um drei Prozent auf fünf Mrd. Euro nichts ändern. Rund zwei Mrd. davon stammen ohnehin vom Steuerzahler. Diese Summe erhält die ÖBB pro Jahr als Zuschuss zum Betrieb des Schienennetzes, für gemeinwirtschaftliche Leistungen wie Schülerfreifahrten und für bestellte Verkehre auf Nebenstrecken. Rund zwei weitere Mrd. zahlt der Staat für die ÖBB-Pensionisten.

Da die ÖBB noch weit mehr für den Ausbau der Infrastruktur und den Ankauf neuer Züge investieren, stiegen 2008 erneut die Schulden. Im Vorjahr erhöhten sie sich um 33 Prozent auf 14,1 Mrd. Euro. Allein die Zinsen für diese Schulden belasten das Finanzergebnis pro Jahr mit 600 Mio. Euro. Vom Staat gibt es dazu einen Zuschuss von 137 Mio. Euro, der in den kommenden Jahren steigen soll. Angesichts des ambitionierten Bauprogramms bei der Bahn dürfte dieser Zuschuss bis Mitte des nächsten Jahrzehnts auf rund 1,5 Mrd. Euro pro Jahr steigen.

100 Mio. Euro sollen gespart werden

ÖBB-Chef Peter Klugar will nun mittels eines „Sparprogramms“ das operative Ergebnis verbessern. Heuer sollen durch eine Personalreduktion und Einsparungen beim Einkauf die Kosten um 100 Mio. Euro gesenkt werden. Insgesamt sei eine Einsparung von 200 Mio. Euro das Ziel. Dies sei wegen der „hohen Fixkosten“ ein ambitioniertes Ziel, so Klugar. Zusätzlich werden ab Juli auch die Tarife um 4,9 Prozent erhöht.

Keine vollständige Streichung gibt es bei den Manager-Boni. Denn diese hängen laut Klugar neben Ergebnis- auch an Qualitäts- und Sicherheitskriterien. Wie hoch sie 2008 ausfallen, sei aber Sache des Aufsichtsrates.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2009)

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