Neue Kaiser, alte Kaiser und die neue alte Kaiserwiese

Es grünt wieder grün: Kaiserwiese, Leopoldstadt
(c) Die Presse - Wolfgang Freitag
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Die Zeiten, da man hierzulande in nennenswerter Zahl Menschen begegnen konnte, die sich den Kaiser zurückwünschten, sind ja doch vorbei.

Die Zeiten, da man hierzulande in nennenswerter Zahl Menschen begegnen konnte, die sich den Kaiser zurückwünschten, sind ja doch vorbei. Hätte eine einschlägige Bestandsaufnahme anlässlich des Begräbnisses der letzten Kaiser-Gattin 1989 mutmaßlich noch ein zählbares Ergebnis gebracht, so nahm sich 22 Jahre später der Trauerkondukt für ihren ältesten Sohn schon nachgerade republikanisch aus; und was da an schwarz-gelber Nostalgie geblieben sein mag, wird heute allenfalls unter der Rubrik Kuriosa aus aller Welt abgehandelt.

Und dennoch, man könnte schon ins Grübeln kommen... Wie war das doch gleich mit jenem Kaiser, der den Wienern den Prater öffnete? „Es wird anmit jedermanniglich kund gemacht, daß künftighin zu allen Zeiten des Jahrs ohne Unterschied jedermann in den Bratter frey spazieren zu gehen, zu reiten und zu fahren, und zwar nicht nur in der Hauptallee, sondern auch in den Seitenalleen, Wiesen und Plätzen erlaubet seyn soll“, hieß es dazu im „Wiennerischen Diarium“ vom 7. April 1766.

Ein Vierteljahrtausend später sind es ganz andere Kaiser, unter deren Herrschaft Öffentliches wieder entöffentlicht wird: Bürgermeister, Bezirksvorsteher, demokratisch legitimiert, sonst freilich nicht immer deutlich genug von vergangenen Majestätlichkeiten zu unterscheiden. Eineinhalb Jahre sind vergangen, seit an dieser Stelle erstmals auf die Devastierung der Kaiserwiese vor dem Wiener Riesenrad hingewiesen wurde. Eineinhalb Jahre, in denen das vormals grüne Allgemeingut allzu oft weder grün noch Gut der Allgemeinheit war: vermietet zur höheren Bilanzehre der städtischen Prater Wien GmbH. Nach öffentlichen Protesten freilich grünt's mittlerweile wieder ziemlich grün vor dem Riesenrad, die für Ende Juni angekündigte Sitzung im zuständigen Bezirk, der Leopoldstadt, berät nicht mehr das Ob, nur mehr das Wieviel einer deutlichen Beschränkung der Fremdnutzerei. Und die Bürgerinitiative „Kaiserwiese für alle!“ lädt zum kaiserwiesentlichen Picknick-Gelage: am 13. Juni, Beginn 16 Uhr. Gott erhalte.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2015)


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