SPÖ und ÖVP setzen ihre Koalition fort, der bisherige SP-Landeshauptmann Voves tritt zurück. Gewerkschafter Muchitsch: "Die SPÖ hat die Hose herunter gelassen."
SPÖ und ÖVP haben sich auf die Fortsetzung ihrer Koalition in der Steiermark geeinigt. ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer bestätigte am Mittwochnachmittag, was die "Presse" bereits am Vormittag berichtet hatte: Er wird Landeshauptmann für die kommenden fünf Jahre - obwohl er bei der Wahl am 31. Mai nur Platz zwei erreicht hatte.
Das Amt sei in seiner "Lebensplanung gar nicht mehr vorgesehen" gewesen, sagte Schützenhöfer. "Wir wollen aus der Niederlage lernen", betonte er mit Blick auf die Verluste bei der Landtagswahl. Die Koalition werde die anderen Parteien im Landtag nicht ausgrenzen. Die FPÖ habe im Wahlkampf Themen angesprochen, "die uns alle angehen – Asyl, Ausländer, Integration Sozialmissbrauch". Das müsse man nun angehen, "um die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Menschen mit uns mitgehen können und sehen, dass wir ihre Anliegen tatsächlich ernst nehmen."
Der bisherige SP-Landeshauptmann Franz Voves verkündete bei der gemeinsamen Pressekonferenz offiziell seinen Rücktritt. "Es war eine große Ehre, eine Riesenverantwortung", sagte er über die vergangenen Jahre. Nun aber seien seine Enkelkinder an der Reihe, "die in Zukunft mehr von mir haben werden“.
Reaktionen: ''Natürliche Freude'' und ''Skrupellosigkeit''
Schickhofer folgt Voves
Voves' Nachfolger und Landeshauptmann-Stellvertreter wird der bisherige Bildungslandesrat Michael Schickhofer. Er übernimmt in der neuen Regierung die Bereiche Finanzen, Sicherheit, Gemeinden und Regionalentwicklung. Schickhofer betonte, "eine verantwortungsvolle Politik für die Steiermark" betreiben zu wollen. Voves dankte er, "alles getan zu haben, um das Land nach vorne zu bringen".
Die bisherige SP-Landesrätin Bettina Vollath wird neue Landtagspräsidentin. Dem neuen roten Regierungsteam werden neben Schickhofer der derzeitige EU-Abgeordnete Jörg Leichtfried, die bisherige zweite Landtagspräsidentin Ursula Lackner sowie Doris Kampus aus dem Büro von Voves angehören. Leichtfried übernimmt die Agenden Verkehr und Umwelt; Lackner Jugend, Bildung, Familie und Frauen; Kampus Soziales und Integration. SP-Klubobmann bleibt Hannes Schwarz.
Hermann Schützenhöfer: Mit Platz 2 zum Landeschef
"SPÖ hat Hose herunter gelassen"
Dem Vernehmen nach wurde eine "Halbzeitlösung", bei der die SPÖ nach der Hälfte der Amtszeit den Landeshauptmann-Posten zurückerhält, erst im letzten Moment gekippt. Innerhalb der steirischen SPÖ gibt es auch Unzufriedenheit über dieses Nachgeben gegenüber der ÖVP. Der Chef der Bau-Holz-Gewerkschaft, der Steirer Josef Muchitsch, sagte im Gespräch mit der "Presse": "Um Schwarz-Blau zu verhindern, hat die SPÖ die Hose noch weiter herunter gelassen. Faktum ist, dass wir die Wahl zwischen Pech und Cholera hatten - zwischen Opposition und einer ÖVP-FPÖ-Regierung."
Kunasek: "Verrat am Wähler"
FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunasek kritisierte am Vormittag vor der Pressekonferenz von SPÖ und ÖVP via Presseaussendung, die Fortsetzung von Rot-Schwarz wäre ein "Verrat am Wähler".
Bei der Landtagswahl am 31. Mai hatten die steirischen Sozialdemokraten 29,29 Prozent erreicht, die ÖVP 28,45 Prozent. Die Freiheitlichen kamen auf 26,76 Prozent, die Grünen auf 6,68 und die KPÖ auf 4,22 Prozent. Voves hatte vor der Wahl angekündigt, bei einem Ergebnis unter 30 Prozent zurücktreten zu wollen. Nach der Wahl wollte er davon aber zunächst nicht mehr sprechen. Am Mittwoch erklärte er nun, er habe nach dem Vorliegen der Wahlergebnisse "sehr wohl gewusst, dass ich meine Ansagen einhalten werde."
Ein strippenziehender Reinhold Lopatka in Wien, ein emotionaler Franz Voves in Graz: Wie Hermann Schützenhöfer überraschend steirischer Landeshauptmann wurde.
SP-Politiker kritisieren den Deal mit der steirischen Volkspartei. Auch Kanzler Faymann zeigt sich enttäuscht. Die ÖVP betont, man habe die SPÖ nicht über den Tisch gezogen.
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