Wie die Regierung Indiens Goldschatz heben will

INDIA AKSHAYA TRITIYA FESTIVAL
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In Indiens Tempeln und Haushalten liegen rund 20.000 Tonnen Gold. Premier Narendra Modi will es in Umlauf bringen.

In Indien ist Gold ein so zentraler Bestandteil des Lebens, dass die saisonale Nachfrage durch Hochzeiten und den Preis für das Edelmetall weltweit bewegt. Der neue Ministerpräsident Narendra Modi will nun seine Landsleute dafür bezahlen, ihr Gold zu verleihen, das ungenutzt in Tausenden Tempeln und Millionen Häusern verstaubt. Damit soll die unersättliche Nachfrage nach Importgold gebremst werden. Aus ökonomische Sicht sei das sinnvoll, es werde sich aber angesichts der religiösen und kulturellen Geschichte des Landes nur schwer verkaufen lassen, sagen UBS-Analysten. Der Plan unterschätze womöglich die “fest verankerte Beziehung der Bevölkerung zum Gold”, heißt es in einer aktuellen Studie.

Die Aussicht, dass seine goldenen Opfergaben eingeschmolzen werden könnten, damit Indien sein Handelsbilanzdefizit verringert, erscheint Balbir Singh Uppal als ein Sakrileg. “Das Gold wird als Eigentum des Gottes betrachtet und niemand hat ein Anrecht darauf”, sagt der 60-jährige Unternehmer. Zum Dank für die Geburt seines Enkelsohns hat Uppal im Jahr 2007 dem Sri Venkateswara Tempel einige Goldobjekte gespendet: eine Öllampe, Löffel, Schalen und Badegefäße im Wert von rund 15 Millionen Rupien.

Etwa 20.000 Tonnen Gold vermutet die Regierung in den Tempeln oder in privaten Schubladen - mehr als das Doppelte des offiziellen Goldbestands in den Vereinigten Staaten, der sich auf rund 8133 Tonnen beläuft. Wenn das Gold in Umlauf gebracht wird, sollte nach Modis Vorstellungen das lokale Angebot steigen.

Jahrelang größter Goldkäufer der Welt

Indien, das nur über wenige eigene Minen verfügt, war der größte Goldkäufer der Welt, bis das Land 2013 von China überholt wurde. Dem World Gold Council zufolge könnte das Land aber dank der guten Konjunkturentwicklung dieses Jahr wieder das Zepter zurückerobern. Die steigenden Löhne sorgten für einen Importschub. Dieser weitete wiederum das Handelsbilanzdefizit aus und ließ die Rupie im Jahr 2013 auf ein Allzeittief sacken.

Der im vergangenen Monat vorgestellte Gold-Plan des indischen Finanzministeriums sieht eine Mindestmenge von 30 Gramm vor, was etwa einer dünnen Goldkette entspricht. Zudem sind für die Teilnehmer an dem Programm Steuervergünstigungen geplant, und den Banken wird bei der Festlegung der Zinsen für das Anrecht, das Gold zu benutzen, freie Hand gelassen. Später soll das Gold dann ersetzt oder der Gegenwert in bar ausgezahlt werden.

Zweifel am Erfolg des Programms

Der Plan ist nach Einschätzung von Manish Jain, Vorsitzender des indischen Handelsverbands für Edelsteine und Schmuck, zum Scheitern verurteilt, weil die Zinsen auf Sparkonten mit acht bis neun Prozent deutlich höher sind als das, was es für die Goldeinlagen gibt - angesichts der zusätzlichen Kosten für die Verarbeitung und Lagerung. Oommen Chandy, der Minister des Bundesstaates Kerala, in dem die ältesten Hindu-Tempeln im Land stehen, kündigte unterdessen an, sich jeglichen Versuchen zu widersetzen, religiöse Schätze an die Banken zu schicken.

Solche Einwände werden den Erfolg des Programms nicht verhindern, meint P.R. Somasundaram, geschäftsführender Direktor in Indien für den World Gold Council. Angesichts der großen Goldmengen in den Tempeln könnte es seiner Einschätzung nach für die Eigentümer attraktiv sein, Geld aus dem sonst ertragslosen Vermögenswert zu schlagen. “Die Regierung unterstützt eigentlich den Wunsch der Menschen, Gold zu besitzen”, sagt Somasundaram, “doch auf eine Art und Weise, die der Wirtschaft hilft.”

Erster Versuch gescheitert

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass in Indien ein Vorstoß unternommen wird, um die Goldbestände aus den Haushalten zu locken. Ein Goldeinlagenplan der State Bank of India hat seit 1999 allerdings nur 15 Tonnen angelockt. Das liegt der UBS zufolge daran, dass die Mindestmenge für die Goldeinlage 500 Gramm beträgt, was in etwa dem Gewicht von drei iPhone 6 Plus entspricht, und an dem niedrigen Zinssatz zwischen 0,75 Prozent und einem Prozent.

(Bloomberg)

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