Nach dem überraschenden Rücktritt von Hannes Ametsreiter wird eine Änderung der Konzernführung erwogen: Dazu müsste der Syndikatsvertrag zwischen ÖBIB und América Movíl leicht abgeändert werden.
Wien. Die Aufregung über den Rücktritt von Telekom-Austria-Boss Hannes Ametsreiter ist noch nicht abgeklungen – da wird hinter den Kulissen schon eifrig an einem Plan für die neue Konzernführung getüftelt. Besonders bemerkenswert daran: Nicht der mexikanische Milliardär Carlos Slim, der über seine América Movíl knapp 60 Prozent an der Telekom hält, zerbricht sich den Kopf, sondern die österreichische Eigentümerseite.
Und die hat Überraschendes vor, wie „Die Presse“ erfuhr: Es wird ernsthaft erwogen, die Führung der Telekom von drei auf zwei Vorstände zu verkleinern – mit einem Mexikaner an der Spitze. Das ist wahrscheinlich der derzeitige Vize Alejandro Plater.
Dazu müsste allerdings ein wenig in die Trickkiste gegriffen werden: Derzeit sieht der Syndikatsvertrag der Staatsholding ÖBIB mit den Mexikanern vor, dass die ÖBIB den Vorstandsvorsitzenden nominiert und die Mexikaner die beiden anderen Vorstandsposten besetzen. Das ist Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer und der im März als Technikvorstand und Vizegeneral bestellte Plater. Das Kräfteverhältnis steht also derzeit 2:1 für América Movíl.
Jetzt wird erwogen, den Syndikatsvertrag dahingehend abzuändern, dass die Mexikaner den Chef stellen und die Österreicher den Finanzvorstand. Das entspräche ohnedies mehr der Realität, heißt es, denn die Mexikaner hätten quasi die Führung. Aufsichtsratschef Wolfgang Ruttenstorfer hatte am Montag die Telekom als „Konzerngesellschaft der América Movíl“ bezeichnet. Mayrhofer müsste also nur das Ticket wechseln.
Eigener Österreich-Chef
Slim dürfte gegen diesen Plan nichts einzuwenden haben. Den Österreichern wiederum soll mit einem „Zuckerl“ der Verlust des Konzernchefs leichter verschmerzbar gemacht werden: Das bisher von Ametsreiter in Doppelfunktion geleitete Österreich-Geschäft (A1 Telekom Austria) soll einen eigenen Chef bekommen. Derzeit wird die Gesellschaft – mit 5,4 Millionen Mobilfunkkunden und rund 2,3 Millionen Festnetzanschlüssen Österreichs Marktführer – von Ametsreiter und Mayrhofer, Marcus Grausam und Alexander Sperl geführt.
Einigt sich das Syndikat auf diesen Plan, könnte er schon bei der nächsten Aufsichtsratssitzung, am 24.Juli, abgesegnet werden. Telekom-Betriebsratschef Walter Hotz kann dieser Lösung jedenfalls viel abgewinnen: „Wir hatten lange ein Führungsduo, das hat gut funktioniert und ausgereicht“, sagt Hotz zur „Presse“. Außerdem würde der Konzern viel Geld sparen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2015)