SPÖ-Abgeordneter und Gewerkschafter Muchitsch wohnt im Haus der Sozialbau im 8. Bezirk. Es ist eine der billigsten Wohnungen in ganz Wien.
Wien. Nationalratsabgeordneter und Vorsitzender der Bau-Holz-Gewerkschaft Josef Muchitsch (SPÖ) schätzt den kurzen Dienstweg. Darum hat er sich auch eine Wohnung gesucht, die nur fünf Gehminuten von seinem Arbeitsplatz, dem Parlament, entfernt ist. Er bezieht aktuell eine Wohnung in der Piaristengasse 48, die Küche wird gerade geliefert, wie er berichtet. Das Haus wurde vom gemeinnützigen Bauträger Sozialbau errichtet. Muchitsch bewohnt eine37-Quadratmeter-Wohnung plus Balkon. Derzeit liegt der durchschnittliche Preis für eine derartige Wohnungauf dem privaten Markt bei rund 530 Euro.
Muchitsch bezahlt dafür nur 285,99 Euro inklusive Betriebskosten. Sein Gehalt liegt nach eigenen Angaben bei insgesamt 8806 Euro netto – davon werden laut seinen Angaben noch diverse Parteisteuern abgezogen, die aber großteils abgesetzt werden können. Muchitsch hat übrigens keinen Hauptwohnsitz in Wien angemeldet und stand auch nicht jahrelang auf einer Warteliste, bis er die Wohnung bekam. Rechtlich ist das möglich, weil das 1966 mit Wohnbaufördermitteln errichtete Haus mittlerweile ausfinanziert ist. Dementsprechend gelten keine Einkommensgrenzen und die Sozialbau darf die Wohnung vergeben, an wen auch immer sie will. Es gibt keine billigeren Wohnungen in Wien als jene in ausfinanzierten gemeinnützigen Bauten – sie haben den niedrigsten Richtmietzins in ganz Österreich. Er liegt derzeit bei 3,44 Euro pro Quadratmeter – dementsprechend begehrt sind die Wohnungen. Sogar Gemeindewohnungen sind teurer: Die Miete liegt bei 5,39 Euro – ein anderer Nationalratsabgeordneter, dem das zugutekommt, ist Peter Pilz (Grüne). Er wohnt im Gemeindebau.
"Ich komme vom Land, dort mache ich das dauernd"
Dass Muchitsch das Appartement ergattern konnte, hat er seiner parlamentarischen Mitarbeiterin, Helene Kommenda, zu verdanken. Sie wohnt mit ihrem Mann, Heinz Kommenda, langjähriger SPÖ-Bundesbildungssekretär, hier und gab den Tipp, als eine alte Frau auszog. Muchitsch meldete sich bei der Sozialbau und bekam eine rasche Zusage.

Verwerflich findet er daran nichts: „Ich komme vom Land, dort mache ich das dauernd. Wenn mich etwa jemand fragt, ob ich ihm für seinen Buben helfe, eine Lehrstelle zu suchen, tu ich das.“ Auf die Frage, ob er sich bei der Wohnungssuche in einer ähnlichen Notsituation wie ein arbeitsloser Jugendlicher sah – sagt er: „Ich habe eine Frau und drei Kinder. Ich bezahle sicher nicht tausend Euro für eine Wohnung.“
Leistbarer Wohnraum ist Muchitsch wichtig. Er propagiert die Themen des sozialen Wohnbaus in seiner politischen Funktion als Nationalrat. Dazu ist er Vorsitzender derBau-Holz-Gewerkschaft, die wiederum Mehrheitseigentümer des gemeinnützigen Bauträgers Gewog ist. Geschäftsführer Karl Wurm fiel zuletzt auf, weil er sich teils günstige Eigentumswohnungen in Häusern verschafft haben soll, die die Gewog gebaut hat. Sie stehen teilweise leer, „Die Presse“ berichtete. Das Haus in der Piaristengasse gehört der Sozialbau – an der wiederum die SPÖ direkt und indirekt Anteile hält: Sei es über einen Verein, der der Partei gehört, oder über befreundete Versicherungen. Sozialbau-Chef Herbert Ludl war zuletzt in den Medien, weil er deutlich höhere Gagen bezogen haben soll als gesetzlich erlaubt. Er bestreitet die Vorwürfe. „Die Presse“ wollte ihn zur Wohnungsvergabe an Muchitsch befragen, er war nicht erreichbar.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20. Juni 2015)