Atomstreit: Endrunde der Iran-Gespräche in Wien

U.S. Secretary of State John Kerry
U.S. Secretary of State John Kerry (c) REUTERS (POOL)
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US-Außenminister Kerry lässt bereits Vorbereitungen für seine etwaige Ankunft in Österreich treffen. Auch sein iranischer Amtskollege, Javad Zarif, ist im Anflug auf Europa.

Wien. Nur noch zehn Tage. Danach läuft die nächste Frist in einer der langwierigsten Verhandlungen der Welt ab. Bis zum 30.Juni sollen der Iran und P5+1, die fünf permanenten Sicherheitsratsmitglieder (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) sowie Deutschland endlich eine Einigung erzielen im Dauerzwist um das iranische Atomprogramm. So ist es im Rahmenabkommen festgeschrieben, auf das sich die Streitparteien am 2.April in Lausanne verständigt haben.

Und die Chancen stehen gut, dass die Endrunde dieses diplomatischen Marathons nicht in der Schweiz oder in New York, sondern in Wien gedreht wird. Das erfuhr die „Presse“ am Freitag in diplomatischen Kreisen. US-Außenminister John Kerry, zuletzt durch einen Beinbruch außer Gefecht gesetzt, lässt demnach bereits Vorbereitungen für seine Ankunft in der österreichischen Bundeshauptstadt treffen. Auch der iranische Chefdiplomat, den wiederum ein Hexenschuss geplagt hat, ist diesen Quellen zufolge im Anflug auf Europa.

Möglicherweise legt Javad Zarif jedoch, bevor er nach Wien kommt, eine Zwischenstation in Luxemburg ein. Dort tagen am Montag die EU-Außenminister; der Iraner hätte die Möglichkeit, sich auf einem Fleck mit seinen Amtskollegen aus Deutschland (Frank-Walter Steinmeier), Frankreich (Laurent Fabius) und Großbritannien (Philip Hammond) sowie mit der Außenbeauftragten der EU, Federica Mogherini, auszutauschen. Danach könnten die Verhandlungen zunächst mit Mogherini und mit Kerry weitergehen, bevor der Rest der P5+1-Partie zum letzten Feinschliff und zur Unterschriftszeremonie eingeflogen wird.

Außenamt: „Nichts ist fix“

Im österreichischen Außenamt wollte man noch nicht zu früh hinausposaunen, dass der Schlussakkord der Iran-Gespräche in Wien gesetzt werde. Nichts sei fix, teilte ein Sprecher lapidar mit.

Faktum ist, dass die Verhandlungen bereits in Wien laufen. Seit ein paar Tagen sitzen einander wieder im Palais Coburg Helga Schmid, die Vize-Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Diensts, und Irans Chefunterhändler, Vize-Außenminister Abbas Arraghchi, gegenüber. Die zwischenzeitliche Aufregung nach Berichten der russischen IT-Firma Kaspersky, derzufolge die Hotels der Iran-Verhandlungen (vermutlich von Israels Geheimdienst) gehackt und abgehört worden sind, hat sich gelegt. Und eine Meldung, wonach der Iran auf eine Verlegung der Gespräche nach New York pocht, hat sich in Luft aufgelöst. Zu groß wäre der Aufwand, eine Infrastruktur für Verhandlungen an einem neuen Ort aufzubauen. Die Würfel werden in der Schweiz oder, wahrscheinlicher noch, in Österreich fallen.

Im Lausanner Rahmenabkommen hat sich der Iran bereits verpflichtet, Uran nur noch auf 3,67 Prozent anzureichern und die Anzahl seiner Zentrifugen von 19.000 auf 6000 zu reduzieren. So soll die Fähigkeit der Islamischen Republik zum Bau einer Atombombe zumindest eingeschränkt werden. Auch die Modifikation des Schwerwasser-reaktors Arak ist bereits akkordiert. Aber immer noch sind wichtige Detailfragen offen: Dürfen künftig auch Militäranlagen inspiziert werden? Wann genau werden die Sanktionen aufgehoben?

Mittlerweile meinen Diplomaten, die Deadline am 30.Juni sei nicht in Stein gemeißelt. Es wäre nicht dass erste Mal im Atomstreit, dass eine Frist gestreckt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2015)

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