Kirchenmassaker in Charleston: Angehörige vergeben Schützen

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Die Verwandten der Mordopfer durften sich bei der Anhörung des mutmaßlichen Täters äußern.

Angehörige der neun Mordopfer des Massakers in einer US-Kirche haben dem mutmaßlichen Täter öffentlich vergeben. Mit einer Sondererlaubnis des Richters durften die Verwandten sich bei der Anhörung des 21-jährigen Dylann Roof am Freitag in Charleston (South Carolina) äußern.

Sie sei böse und traurig, sagte eine Frau, deren Schwester erschossen wurde. Es dürfe aber keinen Raum für Hass geben, fügte sie hinzu. "Wir müssen vergeben."

Roof, der sich wegen neunfachen Mordes sowie wegen Waffenbesitzes zur Durchführung eines Verbrechens verantworten muss, wurde per Video aus dem Gefängnis zugeschaltet. Er trug ausgeblichene Sträflingskleidung und wurde von zwei schwer bewaffneten Wärtern bewacht. Die kurze Prozedur verfolgte er mit regungsloser Miene, den Blick meist gesenkt. Ein erster Gerichtstermin wurde auf den 23. Oktober festgesetzt. Am Freitagabend versammelten sich mehrere hundert Menschen vor der Kirche und gedachten der Opfer.

Rassistischer Hintergrund

US-Präsident Barack Obama verwies erneut auf einen vermutlich rassistischen Hintergrund des Verbrechens. "Rassismus bleibt ein Übel, das wir gemeinsam bekämpfen müssen", sagte er in San Francisco. Zugleich kritisierte das Staatsoberhaupt die laxen Waffengesetze. Er glaube nicht, dass der Kongress bald dagegen vorgehen werde. "Aber ich vertraue darauf, dass wir irgendwann das Richtige tun."

Obama zeigte sich berührt von den Aussagen der Angehörigen, dem mutmaßlichen Todesschützen zu vergeben. Sie seien "ein Ausdruck des Glaubens, der unvorstellbar ist, aber der die Güte des amerikanischen Volkes widerspiegelt", sagte er.

Die Familie des mutmaßlichen Todesschützen äußerte Beileid für die Angehörigen der Toten. "Wir sind bestürzt und traurig", schrieben sie in einem in einer Lokalzeitung veröffentlichten Brief. Worte könnten den Schock und die Trauer nicht ausdrücken.

Roof, ein Amerikaner weißer Hautfarbe, soll am Mittwoch in einer Methodistenkirche in Charleston während einer Bibelstunde neun Afroamerikaner erschossen haben. Er habe rassistische Sprüche von sich gegeben und das Feuer eröffnet, berichtete eine Überlebende. Das Justizministerium und die Bundespolizei FBI ermitteln wegen des Verdachts auf ein "Verbrechen des Hasses" und "heimischen Terrorismus". Der Fall werde von jedem Winkel aus geprüft, sagte ein Sprecher.

Die Gouverneurin von South Carolina, die Republikanerin Nikki Haley, sprach sich dafür aus, den Täter mit dem Tode zu bestrafen. Ähnlich äußerte sich auch der Bürgermeister von Charleston, Joseph Riley.

US-Medien beschrieben den Täter als Einzelgänger, der 2010 seine Schulausbildung abgebrochen habe. Zuletzt sei er mehrmals mit der Polizei in Konflikt geraten, etwa wegen unerlaubten Besitzes von verschreibungspflichtigen Medikamenten. Er habe häufig in seinem Auto geschlafen und sei wegen sonderbaren Verhaltens aufgefallen.

(APA)

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