Josef Muchitsch (SPÖ) wohnt um 286 Euro im Sozialbau. Die anderen Parteien verurteilen sein Verhalten.
Wien. Der Fall Muchitsch löst heftige politische Reaktionen aus. Wie „Die Presse“ berichtet hat, bezieht der steirische SPÖ-Nationalratsabgeordnete und Chef der Bau-Holz-Gewerkschaft gerade eine Wohnung der Sozialbau. Er verdient 8.806 Euro netto und bezahlt für die 37-Quadratmeter-Wohnung mit Balkon in der Josefstadt 286 Euro. Muchitsch hat keinen Hauptwohnsitz in Wien und ist auch nicht auf einer langen Warteliste gestanden. Der Nationalratsabgeordnete ist sicher, dass eine Vergabe korrekt war, weil es sich um eine ausfinanzierte Genossenschaftswohnung handelt und somit keine Zuverdienstgrenzen gelten.
Der grüne Gemeinderat Christoph Chorherr bezweifelt das: „Für mich ist das fraglich, denn laut Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz §8 sollen Einkommensverhältnisse und Wohnbedarf eine zentrale Rolle bei der Vergabe stellen. Die Notwendigkeit sehe ich bei einem Nationalratsabgeordneten in beiden Fällen jetzt eigentlich nicht. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig soll das prüfen.“ Auch FP-Klubobmann Johann Gudenus ist empört: „Sozialbau-Chef Herbert Ludl, Gewog-Chef Karl Wurm und nun auch Josef Muchitsch – der soziale Wohnbau hat sich zu einem Selbstbedienungsladen der SP-Granden entwickelt, der sich selbst kontrolliert. Der Genossenschaftssumpf gehört umgehend trockengelegt. Stadtrat Ludwig ist aufgefordert, endlich zu reagieren.“
VP-Chef Manfred Juraczka sagt: „Nicht alles was rechtlich in Ordnung ist, ist auch moralisch okay. Man hat als Politiker eine Verantwortung, sollte vorbildlich handeln – es kann nicht sein, dass diese Wohnungen zum Selbstbedienungsladen der Sozialdemokraten werden.“ Neos-Chefin Beate Meinl Reisinger schreibt in einem offenen Brief an Muchitsch: „Sie könnten aber auch mit Gemeindebau-Bewohner Peter Pilz eine Wohngemeinschaft gründen. Noch billiger als Ihre Wohnung sind nur Ihre Ausreden.“ Auch Christoph Ulbrich vom Parteienbündnis Wien Anders äußerte sich: „Wie schon der Fall von Karl Wurm zeigte, braucht es dringend politische Kontrolle für die Wohnbaupolitik, damit die günstigen Wohnungen auch jenen zugute kommen, die sie wirklich brauchen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2015)