Kirchenmassaker in Charleston: Polizei ermittelt wegen Manifest

Kirchenmassaker in Charleston
Kirchenmassaker in CharlestonAPA/EPA (JOHN TAGGART)
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Auf einer inzwischen gesperrten Seite finden sich Dutzende Fotos des mutmaßlichen Todesschützen Dylann R. sowie Beschimpfungen von Schwarzen, Juden, Latinos und anderen Minderheiten.

Nach dem Massaker in einer Kirche der Stadt Charleston ermitteln die US-Behörden wegen eines angeblichen rassistischen Manifestes des Tatverdächtigen im Internet. Auf einer inzwischen gesperrten Seite finden sich Dutzende Fotos des mutmaßlichen Todesschützen Dylann R. sowie Beschimpfungen von Schwarzen, Juden, Latinos und anderen Minderheiten.

Ob die Internetseite tatsächlich von R. betrieben wurde, sei Gegenstand von Ermittlungen, teilten die Polizei in Charleston und die Bundespolizei FBI mit. R., ein 21 Jahre alter weißer Mann aus South Carolina, soll am Mittwoch in einer Methodistenkirche während einer Bibelstunde neun Afroamerikaner erschossen haben. Er habe rassistische Sprüche von sich gegeben und das Feuer eröffnet, berichtete eine Überlebende. Das Justizministerium und die Bundespolizei FBI ermitteln wegen des Verdachts auf ein "Hassverbrechen" und "heimischen Terrorismus". Der Fall werde von jedem Winkel aus geprüft, sagte ein Sprecher.

"Ich habe keine Wahl"

Auf der Internetseite breitet der Autor seine Wut und Vorurteile gegen Minderheiten aus. "Ich habe keine Wahl", hieß es in dem Manifest. Niemand habe den Mut etwas zu tun, also müsse er etwas unternehmen, schrieb er weiter. R. habe die Webadresse im Februar auf seinen Namen und unter der Anschrift seiner Mutter registriert, berichtete die "Washington Post" unter Berufung auf Ermittlerkreise. Dem Bericht zufolge wurde die Seite nur wenige Stunden vor der Tat bearbeitet.

Wie die Zeitung "The Post and Courier" berichtete, sollte am Sonntag wieder ein Gottesdienst in der Kirche abgehalten werden. Am Freitag hatten Angehörige der neun Mordopfer dem mutmaßlichen Täter öffentlich vergeben. Mit einer Sondererlaubnis des Richters durften sich die Verwandten bei der Anhörung R. äußern. Sie sei böse und traurig, sagte eine Frau, deren Schwester erschossen wurde. Es dürfe aber keinen Raum für Hass geben, fügte sie hinzu. "Wir müssen vergeben."

Erster Gerichtstermin im Oktober

R., der sich wegen neunfachen Mordes sowie wegen Waffenbesitzes zur Durchführung eines Verbrechens verantworten muss, wurde per Video aus dem Gefängnis zugeschaltet. Er trug ausgeblichene Sträflingskleidung und wurde von zwei schwer bewaffneten Wärtern bewacht. Ein erster Gerichtstermin wurde auf den 23. Oktober festgesetzt.

Die Familie des mutmaßlichen Todesschützen äußerte Beileid für die Angehörigen der Toten. "Wir sind bestürzt und traurig", schrieben sie in einem Brief, der in einer Lokalzeitung veröffentlicht wurde. Worte könnten den Schock und die Trauer nicht ausdrücken.

Obama: "Rassismus bleibt ein Übel"

US-Präsident Barack Obama sagte in San Francisco: "Rassismus bleibt ein Übel, das wir gemeinsam bekämpfen müssen." Er kritisierte die laxen Waffengesetze. Er glaube zwar nicht, dass der Kongress bald dagegen vorgehen werde. "Aber ich vertraue darauf, dass wir irgendwann das Richtige tun."

US-Medien beschrieben den Täter als Einzelgänger, der 2010 seine Schulausbildung abgebrochen habe. Zuletzt sei er mehrmals mit der Polizei in Konflikt geraten, etwa wegen unerlaubten Besitzes von verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Auch die demokratische US-Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton sprach sich für schärfere Waffengesetze aus. Sie wisse, "dass der Waffenbesitz Teil des Gefüges vieler gesetzestreuer Gemeinschaften ist", sagte die frühere Außenministerin. Daher plädiere sie für "Reformen der Waffengesetze mit Menschenverstand". Ziel müsse sein, Kriminellen den Zugang zu Waffen zu versperren.

(APA/dpa/AFP)

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