Häupl-Attacke: „FPÖ ist gefährlich“

Bürgermeister Michael Häupl rief am Montag das „Duell um Wien“ aus.
Bürgermeister Michael Häupl rief am Montag das „Duell um Wien“ aus. APA/ROLAND SCHLAGER
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Bürgermeister Häupl schwört 700 Funktionäre auf den Wahlkampf ein und präsentiert das „Blaubuch“ als Argumentation gegen die FPÖ.

Wien. „Doch niemand heilt durch Jammern seinen Schaden“, schrieb Shakespeare in Richard III. Vor der Kulisse dieses Stücks, die für Michael Niavaranis „Globe Theatre“ in der Rinderhalle steht, sendete Bürgermeister Michael Häupl Montagabend genau diese Botschaft auch an seine Mannschaft. 700 Funktionäre wurden zum Event in St. Marx geladen – die Halle war bis auf wenige Plätze gefüllt. Ort und Uhrzeit des Treffens waren erst wenige Stunden vor der Veranstaltung bekannt gegeben worden.

Dort, bei der Großveranstaltung, rief Michael Häupl nun das „Duell um Wien“ mit FPÖ-Chef und Wien-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache aus – und das früher als erwartet. Eigentlich war die Veranstaltung nämlich erst für August geplant gewesen. Eine rot-blaue Koalition im Burgenland, eine verheerende Wahlniederlage in der Steiermark – verursacht durch die FPÖ – bringen Häupl in Zugzwang. Es gilt, jede Minute bis zum Wahltermin am 11. Oktober zu nützen, das Teameinzuschwören und Nichtwähler zu mobilisieren.

Dass das keine einfache Aufgabe werden würde, zeigten die eröffnenden Worte von Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler. Nach einem kurzen Film über einen Garten als Sinnbild für Wien, der von Heinz-Christian Strache zerstört wird, sagte er: „Diese Partei hat nicht nur die falschen Inhalte, sondern auch die falschen Politiker, mit so einer Partei wollen wir keine Koalition eingehen.“ Der Applaus fiel verhalten aus – vor allem in den letzten Reihen legten gar nicht wenige Funktionäre die Hände in den Schoß.

Weitaus größer war die Begeisterung als Bürgermeister Häupl die Bühne betrat. „Ich habe sehr großes Verständnis dafür, dass vielen von euch unser derzeitiger Koalitionspartner gelinde gesagt auf die Nerven geht.“ Ob man deswegen eine Koalition mit der ÖVP als Privatisierer oder den Neos als deren jüngerer Abklatsch haben wolle, darüber solle man nachdenken, sagte Häupl. „Wir reden vor der Wahl aber nicht über Koalitionen, sondern über uns.“ Eines sei für ihn aber klar: „Ich werde sicher nicht mit der FPÖ koalieren. Wenn ich nur von ihren Gnaden Bürgermeister sein darf, dann will ich das nicht mehr. Diese Partei ist gefährlich.“ Wieder Stille in den letzten Reihen.

Noch verhaltener war der Applaus nur, als Häupl mit der „Personalfrage“ die Diskussion um den parteiintern umstrittenen Bundeskanzler Werner Faymann ansprach: „Ein letztes No-Go für mich: Jede Personalfrage, die wir stellen, ist Gift. Darum stellen wir sie einfach nicht.“ Wie „Die Presse“ berichtete, hat Strache diesen im Vertrauensindex bereits überholt. Auch die Sonntagsfrage des aktuellen „Profil“ zeigt, wie schlecht es um die SPÖ auf Bundesebene steht: Die FPÖ liegt derzeit bei 28 Prozent, die ÖVP bei 24 und die SPÖ ist mit 23 Prozent auf den dritten Platz gefallen.

Derart desaströs steht es um Wien noch nicht, aber auch wenn Häupl abermals die Absolute als realistisches Wahlziel verkaufen wollte, liegt diese laut Umfragen weit außer Reichweite – die FPÖ kratzt an der 30-Prozent-Marke. Den Aufwind der Blauen erklärt Eva Zeglovits, Geschäftsführerin vom Meinungsforschungsinstitut Ifes folgendermaßen: „Dass die Stimmung für die FPÖ derzeit so gut ist, ist leicht erklärt: Wenn man die Themen einer Partei aufgreift, hilft man ihr im Zweifelsfall.“

„Auf die Menschen zugehen“

Häupl setzt darum auf Abgrenzungspolitik, versucht soziale Themen wie Wohnen – Stichwort Gemeindebau – oder Bildung in den Vordergrund zu rücken. „Die Leute sollen in erster Linie wissen, warum sie uns wählen, aber sie sollen auch wissen, warum sie die FPÖ nicht wählen.“ Am Ende gab Häupl den Funktionären ein Argumentationswerkzeug mit auf den Weg: Eine 25-seitige Broschüre mit dem Titel „FPÖ. Das Blaubuch.“ Darin wird versucht, das rechtsradikale Gedankengut der FPÖ zu zeigen.

Ein Kapitel widmet sich den Verbindungen der FPÖ zu anderen Rechtsparteien in Europa, ein weiteres mit den Folgen von Schwarz-Blau ein anderes wiederum den Verurteilungen von FPÖ-lern wegen Verhetzung oder Korruption. „Bitte lest es, wo auch immer ihr wollt. Und noch wichtiger: Erzählt es weiter. Am Stammtisch und bei Gesprächen mit den Menschen, geht offensiv auf sie zu“, sagte Häupl. Dafür gab es dann doch noch Standing Ovations.

''Blaubuch FPÖ''

Die Wiener SPÖ zieht mit ihrer Anti-Freiheitlichen-Fibel "Blaubuch FPÖ" vorzeitig in den Wahlkampf. Auf 24 Seiten sollen den Genossen Argumente geliefert werden, warum die FPÖ "gefährlich" und "die Partei der großen Lügengeschichten und des ungenierten Wirtschaftens in die eigene Tasche" ist, wie es im Vorwort heißt. Die Hauptbotschaft: "Eine Koalition mit der Strache-FPÖ ist ausgeschlossen!"

Im am Montagabend präsentierten Leitfaden versuchen die Rathaus-Roten, möglichst akribisch "die größten Pleiten und Pannen" der Freiheitlichen aufzulisten. Wobei das von Bürgermeister und Landesparteichef Michael Häupl sowie Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler unterzeichnete zweiseitige Vorwort durchaus schon eine Art kompakte Zusammenfassung liefert.

Dort heißt es: "Die FPÖ ist gefährlich, weil sie gefährliche Inhalte vertritt. Weil sie sich in Widersprüche und Lügen verstrickt. Weil sie in Regierungsverantwortung nur Schulden, Korruption und Freunderlwirtschaft zustande bringt. Und sie ist brandgefährlich, weil ihr Zynismus gegen Migranten und Migrantinnen sowie Flüchtlinge nicht zu überbieten ist! Weil sie unsolidarisch ist und Nazi-Gedankengut in den eigenen Reihen zur Bierzelt-Gaudi verharmlost."

Die Parteispitze macht dabei auch kein Hehl daraus, was sie von Rot-Blau im Burgenland hält: "Die Entscheidung unserer burgenländischen Freunde war ein Fehler, den wir nicht wiederholen werden. Mit Demagogen ohne jede soziale Verantwortung ist keine Politik zu machen."

In einzelnen Kapiteln beleuchtet das "Blaubuch" dann etwa "die FPÖ und Straches Verbindungen an den rechten Rand" inklusive Zitate, listet Gerichtsverfahren und Urteile gegen blaue Politiker auf, erinnert an "Skandale" von Hypo bis Buwog und kritisiert die Russland-freundliche Haltung der Blauen. Außerdem wird einmal mehr das Schreckgespenst Schwarz-Blau bemüht.

Die Schlussfolgerung: Ein FPÖ-regiertes Wien sei eine "düstere Zukunftsvision", denn die Stadt würde im Fall des Falles "verarmt, gespalten und konfliktreich" aussehen, werden die Parteifreunde gegen Ende der Publikation gewarnt. Die Befürchtungen reichen vom Verkauf der Gemeindewohnungen über die gegenseitige Ausspielung von In- und Ausländern bis zum Kürzungen im Sozial- und Gesundheitssystem.

Insofern ruft man im Hinblick auf den Wahltermin am 11. Oktober zum Kampf gegen auf. Und gibt sich zuversichtlich: "Wir werden gewinnen!" (APA)

>> Das Blaubuch (PDF)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23. Juni 2015)

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