Berlin lässt Journalisten von al-Jazeera frei

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Deutschland liefert den Journalisten Ahmed Mansour nach einer Welle der Empörung nicht nach Ägypten aus.

Berlin. Ahmed Mansour darf gehen und darf bleiben: Der ägyptische Journalist des TV-Senders al-Jazeera war am Samstag am Berliner Flughafen Tegel festgenommen worden, auf Ansuchen der Behörden in Kairo. Offenbar war auch die Abschiebung Mansours nach Ägypten geplant. Nach einer Welle der Empörung und einer neuerlichen Prüfung seitens der deutschen Behörden wurde Mansour am Montag freigelassen.

Gegen die Festnahme Mansours protestierten zahlreiche journalistische Verbände. Dem Ägypter, der auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, droht in Kairo Verfolgung. Der Journalist wurde vor rund vier Jahren in Abwesenheit zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt. Der Vorwurf: Er soll während des Arabischen Frühlings bei der Folterung eines Anwalts in Kairo beteiligt gewesen sein. Tatsächlich aber dürften die regierenden Militärs Mansour als Sympathisanten der Muslimbrüder orten, die sie radikal verfolgen. Al-Jazeera wird von der jetzigen ägyptischen Regierung als feindlich eingestuft.

Internationaler Haftbefehl?

In Berlin hatte Mansour den Nahostexperten Guido Steinberg interviewt. Anschließend wollte er nach Katar weiterreisen, ehe er festgenommen wurde. Bis zuletzt herrschte Verwirrung, ob tatsächlich ein internationaler Haftbefehl gegen Mansour vorlag, wie von der Bundespolizei mitgeteilt wurde. Mansour und Interpol verneinten dies. Ägypten hat den Haftbefehl zwar an Interpol weitergeleitet, aber zwischen Berlin und Kairo besteht kein Auslieferungsabkommen.

In Deutschland war die ägyptische Willkürjustiz im Umgang mit Muslimbrüdern zuletzt rund um den Berlin-Besuch von Präsident al-Sisi gegeißelt worden. Deshalb sorgte nun auch Mansours Verhaftung für einen Aufschrei: Die Bundespolizei spiele den ägyptischen Verfolgern in die Hände. Oder, wie Steinberg nach der Festsetzung Mansours sagte: Die Behörden versuchten, einen „Dissidenten mundtot zu machen“. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2015)

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