Liberalisierung: 58 Prozent wollen Internet-Apotheken

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Ab Donnerstag ist in Österreich der Online-Versandhandel von rezeptfreien Medikamenten erlaubt. Vorerst sind sechs Apotheken dabei. Arzneimittel sollen billiger werden.

Wien. Schon 30 Prozent der Österreicher haben im Internet Medikamente eingekauft. Weil das in Österreich bislang nicht erlaubt war, mussten Konsumenten meist auf deutsche Online-Apotheken ausweichen. Diese verschicken ihre Produkte auch nach Österreich und werben mit Rabatten von bis zu 40 Prozent. Auf Druck der EU-Kommission muss jetzt auch Österreich den Online-Versandhandel von nicht rezeptfreien Medikamenten erlauben. Der Startschuss erfolgt am morgigen Donnerstag.

58 Prozent der Österreicher befürworten die Gesetzesänderung. Das ergab eine Studie des Instituts für Strategieanalysen, die vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde. Dazu wurden 990 Österreicher befragt. 70 Prozent der Befragten sind zudem der Ansicht, dass der Onlineverkauf von rezeptfreien Medikamenten eine Erleichterung im Alltag darstellt. 54 Prozent meinen, dass dadurch Arzneimittel billiger werden.

Doch der Onlineverkauf ist umstritten. Gegner argumentieren, dass im Internet die Sicherheit nicht ausreichend gewährleistet ist. Denn dort tummeln sich zahlreiche unseriöse Anbieter. So erwirtschaftete beispielsweise der Pharmakonzern Pfizer mit der Potenzpille Viagra in einem Jahr einen Umsatz von 1,8 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig wird der Umsatz mit gefälschtem Viagra auf zwei Milliarden US-Dollar geschätzt.

Im Vorjahr fasste die Polizei in Österreich und in acht EU-Staaten eine internationale Bande. Diese verkaufte in 50 Online-Shops unechte Arzneimittel. In einer Wiener Gemeindewohnung wurden von den Behörden 1,1 Millionen falsche Tabletten sichergestellt. Die Bande soll 120.000 Personen betrogen haben. Der Schaden geht in die Millionenhöhe.

Um den Internethandel möglichst sicher zu machen, haben das Gesundheitsministerium und das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) im Rahmen der Gesetzesänderung strenge Regeln eingeführt. Demnach ist der Online-Versandhandel von rezeptfreien Medikamenten in Österreich ausschließlich für Apotheken und nicht für Drogerien möglich.

Abfuhr für DM und Bipa

Das ist eine Abfuhr für Drogerieketten wie DM und Bipa. Diese wollten in den Onlinehandel einsteigen. Bei DM heißt es, man verstehe das Verbot in Österreich nicht. Denn DM darf in Ungarn und in Kroatien in den Filialen rezeptfreie Medikamente verkaufen. Und dort sei es nie zu Problemen gekommen.

Alle österreichischen Apotheken, die künftig online Medikamente anbieten, müssen sich beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) registrieren. Nach der Überprüfung bekommen sie vom Amt ein EU-weit gültiges Sicherheitslogo, das sie auf ihren Homepages veröffentlichen müssen. Damit sollen die Konsumenten sofort erkennen, dass hier nur legale Original-Arzneimittel angeboten werden.

Auf der Homepage des BASG ist ein Gegencheck möglich. Dort gibt es eine Liste mit allen registrierten Online-Apotheken. Vorerst sind sechs Internet-Apotheken dabei (drei aus Wien, zwei aus Tirol und eine aus Graz).

In Deutschland wurde der Versandhandel von Medikamenten schon 2004 freigegeben. Dort werden Umfragen zufolge bereits 21 Prozent aller Arzneimittel übers Internet verkauft. Der Anteil der Kunden, die Medikamente nur in der Apotheke kaufen, ist in den vergangenen fünf Jahren von 49 auf 42 Prozent gesunken.

Allerdings haben nicht alle Pharmazeuten das Geld für den Aufbau eines Online-Versandhandels. Ein Apotheker schreibt an die „Presse“, er sei „mit einer mittlerweile fast nicht mehr bewältigbaren finanziellen Last durch Lohnnebenkosten und überhöhte Sozialleistungen konfrontiert“. Die Krankenkassen erhalten „bei der Verrechnung rezeptpflichtiger Arzneimittel einen Rabatt, der einen Gewinn unmöglich macht“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2015)

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