Radikale Netzwerke: Wien war Brückenkopf für Europas Islamisten

Symbolbild
Symbolbild(c) EPA (Olivier Matthys)
  • Drucken

Die vielen Verfahren gegen muslimische Fanatiker sind kein Zufall. In der jüngeren Vergangenheit traf sich in Wien das Who's who der salafistischen Szene.

Wien. Mohammed Mahmoud und Mirsad O., alias Ebu Tejma, sind die prominentesten Figuren der österreichischen Salafistenszene. Was wenige wissen: Beide waren Teil eines Netzwerks, das für die Verbreitung des Salafismus in halb Europa große Bedeutung hatte.

Wegbereiter waren die Brüder Jamaluddin und Farhad Q. aus Wien. Sie stammen aus Afghanistan, wurden jedoch Österreicher. Ihr „Verdienst“: Übersetzung und Vertrieb von meist nur in Arabisch zugänglichen Schriften radikaler Gelehrter. Mitte der 2000er-Jahre begannen sie, in einer Moschee in Wien-Neubau eine Gruppe zu organisieren. Teile davon waren der bosnischstämmige Imam der Moschee und: Mohammed Mahmoud.

Die Deutschland-Connection

Wie sein Vater ging er im Gebetshaus nahe der Mariahilfer Straße ein und aus. Auch ein anderer bekannter Salafist gehörte der Gruppe an: Irfan Peci. Er stammt ebenfalls aus Bosnien und war mit Mahmoud für die Globale Islamische Medien Front (GIMF) tätig. Mahmoud musste später ins Gefängnis. Peci ging nach Deutschland, ließ sich vom Verfassungsschutz als V-Mann anwerben und veröffentlichte Anfang Juni ein Buch über diese Zeit.

Nach der Haft reiste Mahmoud zu Beginn der 2010er-Jahre nach Deutschland. Mit dem Ex-Rapper Deso Dogg, der eigentlich Denis Cuspert heißt, gründete er die Bewegung Millatu Ibrahim. Als ideologische Basis dienten die von den Brüdern Q. übersetzten Schriften. Heute sind Mahmoud und Cuspert im sogenannten Islamischen Staat aktiv. Von beiden gibt es Fotos und Videos bei gemeinschaftlichen Enthauptungen.

Mahmoud verlor während seiner Haft in Österreich an Einfluss. Ihm folgten andere al-Qaida-Sympathisanten: Der Österreicher Maqsood L. und deutscher Partner Yusuf O. Dieser organisierte von Wien aus Reisen in pakistanische Terrorcamps. 2011 nahm ihn die Sondereinheit Cobra mitsamt seiner „Reisegruppe“ fest. L. ging den Behörden in Berlin ins Netz. Beide sitzen langjährige Haftstrafen ab.

Dann kam die Zeit von Mirsad O. Sein prominentester Kompagnon war Abou-Nagie, der für seine Koran-Verteilaktion namens „Lies“ bekannt ist. Gemeinsam predigten sie auch in Wien in einschlägigen Gebetshäusern. Seit Ende 2014 sitzt Mirsad O. in Untersuchungshaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

WIENER TERROR PROZESS: MOHAMED M.
Österreich

IS-Terror: Auch „psychische Beihilfe“ strafbar

Der Gesetzgeber will Terrorismus bereits in einem frühen Anfangsstadium bekämpfen. Auch reine Vorbereitungshandlungen stehen unter Strafe. Während ein Gericht zuletzt rigoros urteilte, wird nun Kritik von Strafrechtlern laut.
WIENER ISLAMISTEN-VERFAHREN: TERRORPROZESS GEGEN ZEHN ANGEKLAGTE: SICHERHEITSKONTROLLEN
Wien

IS-Terror: Gericht fährt harte Linie

Im bisher größten Jihad-Prozess Österreichs wurden alle zehn Angeklagten, mehrheitlich tschetschenische Flüchtlinge, verurteilt.
Polizeiaufgebot zum Prozessstart im Wiener Landesgericht Anfang Juni
Wien

Wiener Islamistenprozess: "Auch Hinfahren kann reichen"

Zehn Schuldsprüche und bis zu drei Jahre Haft für neun aus Tschetschenien stammende Angeklagte und ihren türkischer Chauffeur in Wien.
Wien

Wiener Islamisten-Prozess: Beweisverfahren abgeschlossen

Den größtenteils aus Tschetschenien stammenden Angeklagten wird vorgeworfen, eine Reise zum IS nach Syrien geplant zu haben. Urteile soll es am Dienstag geben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.