Nemsic: "Keiner ist so gescheit, um alles alleine zu machen"

Ex-Telekom-Generaldirektor Boris Nemsic
Ex-Telekom-Generaldirektor Boris NemsicAPA/HERBERT NEUBAUER
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Ticker-Nachlese Lobbyist Mensdorff-Pouilly und Ex-Telekom-Vorstand Fischer wird Untreue vorgeworfen. Dazu befragt wurde heute Ex-Telekom-Chef Nemsic. "Die Presse" berichtete live.

Der Untreue-Prozess gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly und Ex-Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer ging am Montag in die nächste Runde, konkret: in Verhandlungstag Nummer drei. Als Zeuge geladen war der frühere Generaldirektor der Telekom Austria, Boris Nemsic.

Hintergrund war die Neuvergabe des Behördenfunks/Tetron im Jahr 2004. Damals soll es zu Zahlungen von bis zu 4,4 Millionen Euro an Mensdorff-Pouilly gekommen sein, 1,1 Millionen davon von der Telekom. Der Staatsanwaltschaft fehlt dafür eine Gegenleistung, sie vermutet Weitergabe von Schmiergeld. Den beiden Angeklagten wirft sie daher Untreue vor. Fischer wird zudem verdächtigt, im Korruptions-Untersuchungsausschuss 2012 falsch ausgesagt zu haben. Beide bestreiten das und plädierten auf „nicht schuldig“.

"Man muss nicht jeden Vorstand fragen"

Mit Fischer habe er ein „Konkurrenzverhältnis“ gehabt, berichtete Nemsic. Mehr wolte er von seinen „Wahrnehmungen“ aber nicht preisgeben: „Es ist sehr unangenehm, hier zu sitzen und einen Kollegen zu sehen vor dem Richter, also sparen Sie sich das bitte.“

Das 2004 dann der Zuschlag des Innenministeriums für den Behördenfunk an die Telekom gegangen sei, brachte Nemsic nicht mit Mensdorff-Pouilly in der Verbindung. Auch wollte er ihm nicht aufgefallen sein, dass es zwischen 2006 und 2008 einen Vertrag mit dem Lobbyisten gegeben habe. Auch mit dem damaligen Finanzvorstand Gernot Schieszler, der nun Kronzeuge in der Causa ist, habe er nicht gesprochen.

Gründe für die 1,1 Millionen Euro kenne er nicht - nur aus den Medien. Fischer dagegen hatte in der Vorwoche gemeint, dass Mensdorff-Pouilly ihm „Hintergrundinformationen“ über die Wettbewerbs- und politische Situation in Südosteuropa geliefert habe. Gefragt, woher er, Nemsic, zu seiner Zeit bei der Telekom seine Informationen lukriert habe, meinte dieser: „Generell haben Sie viele Investmentbanker, die mit Ideen kommen. In der Regel sind 99 Prozent unbrauchbar“. Er selbst habe den Vorteil, dass er viele südosteuropäische Sprachen spreche, daher habe er in der dortigen Region das meiste aus erster Hand erfahren können.

"Das Beste" für das Unternehmen

Generell aber habe jeder Vorstand „das Beste für das Unternehmen“ zu tun, woher er die Informationen habe, von wem er sich beraten lasse, sei dessen Angelegenheit. „Man muss nicht jeden Vorstand fragen“, so der 57-Jährige. Externe Berater seien völlig normal: „Keiner ist so gescheit, dass er alles alleine machen kann." Er habe aber die Gesetze und Regeln des Unternehmens stets eingehalten, fügte er hinzu.

„Nicht alle Beraterverträge" wurden zu seiner Zeit im Vorstand besprochen, sagte Nemsic. „Das Leben ist dynamisch.“ Zur Erinnerung: Zum Prozessauftakt hatte Mensdorff-Pouilly erstmals zugegeben, rund um die Vergabe des Blaulichtfunks tätig gewesen zu sein. Fischer habe ihn gebeten, der Telekom zu helfen, aus dem Konsortium mit Motorola und Alcatel auszuscheiden. Das sei gelungen: „Die Leistung habe ich erbracht, das Geld ist mir zugestanden."

„Kronzeuge“ Schieszler, der die Causa 2011 publik gemacht hatte, sagte tags darauf, dass Fischer 2004 oder 2005 auf ihn zugekommen sei und ihn angewiesen habe die „offene Sache“ bei Tetron aus der Welt zu schaffen. Eine Abrechnung für Tetron sei aber nicht mehr möglich gewesen – das wäre Bilanzfälschung gewesen. Folglich habe er 2008 das Projekt „Alpha“ in Osteuropa gefunden, das mit rund 100 Millionen Euro ein Volumen hatte, um ein Honorar von 1,1 Millionen Euro plausibel erscheinen zu lassen. Das war „vertrottelt“, so Schieszler nun. Doch habe er sich nicht mit Mensdorff-Pouilly anlegen wollen: „Er hätte mich mit drei Sätzen erledigen können.“ Welche Leistung Mensdorff nun tatsächlich für die Telekom erbracht hatte, sei ihm nicht bekannt.

Der Prozess wird am 1. Juli mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt.

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