Blaulicht-Prozess: „Das war völlig vertrottelt aus heutiger Sicht“

TELEKOM-PROZESS UM SPENDE AN BZ�: SCHIESZLER
TELEKOM-PROZESS UM SPENDE AN BZ�: SCHIESZLER(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Gernot Schieszler schilderte, wie er das 1,1 Mio. Euro schwere Honorar der Telekom für Mensdorff-Pouilly „verpackt“ hat.

Wien. Was tut man als Finanzvorstand eines Konzerns, wenn man jemandem ein fettes Honorar zahlen muss? Für eine nicht ganz ersichtliche Leistung, die noch dazu einige Jahre zurückliegt? An jemanden, dessen Existenz nicht an die große Glocke gehängt werden soll? Gernot Schieszler, einst Finanzvorstand der Telekom-Austria-Festnetzsparte und nunmehr Kronzeuge in diversen Korruptionsstrafverfahren, wusste sich zu helfen: Er suchte nach einem Projekt, über das dem Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly 1,1 Mio. Euro gezahlt werden konnten. Schieszler fand es schließlich 2008 – das Projekt Alpha in Osteuropa hatte mit rund 100Mio. Euro ein entsprechendes Volumen, um das Honorar plausibel erscheinen zu lassen.

Das Geld hatte Vorstand Rudolf Fischer Mensdorff-Pouilly für dessen Dienste rund um das Behördenfunkprojekt Tetron zugesagt. Beide stehen seit Mittwoch vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Untreue vor, weil sie die Telekom geschädigt haben sollen: Es habe keine ersichtliche Leistung gegeben, das Geld sei über eine Scheinrechnung geflossen.

Schieszler hat diesen Verdacht am Donnerstag erhärtet. Fischer sei auf ihn schon 2004 oder 2005 zugekommen und habe gemeint, da sei noch etwas aus der Vergangenheit offen, „weißt eh, mit dem Ali“. Schieszler schilderte detailliert, wie das damals in der Telekom lief. Er sei immer wieder unter Druck gesetzt worden, die Zahlung zu leisten. Auch der damalige Alcatel-Österreich-Chef und ÖVP-Bundesrat Harald Himmer habe mehrmals nachgefragt.

Nicht mehr als eine Million

Die Sache sei doppelt schwierig gewesen: Eine Abrechnung für Tetron sei nicht mehr möglich gewesen – das wäre Bilanzfälschung gewesen, weil dafür keine Rückstellungen gebildet wurden. Außerdem habe er sich gewehrt, mehr als eine Mio. Euro auszuzahlen, weil das aufgefallen wäre. Deshalb sei die Konstruktion 800.000 Euro fix plus 300.000 Euro Erfolgsprämie erfunden worden. Andererseits wollte er sich nicht mit Mensdorff-Pouilly anlegen. „Er hätte mich mit drei Sätzen erledigen können“, sagte Schieszler. Mensdorff-Pouilly habe ein Netzwerk von Personen gehabt, ganz oben, die auch Vorstände bestellten.

Warum habe er das doch gemacht und nie nachgefragt, will Staatsanwalt Volkert Sackmann wissen: „Ich war jung, bin mit 35 Finanzvorstand geworden, ich war unbedarft und hatte keinen Verdacht. Aus heutiger Sicht haben Sie recht.“ Dann setzt Schieszler zerknirscht nach: „Dass ich das überhaupt gemacht habe, ist aus heutiger Sicht völlig vertrottelt.“ Letztlich habe er seinen Job und viel Geld verloren.

Noch bevor Schieszler in den Zeugenstand tritt, wird Fischer befragt. Sackmann beantragte die gesonderte Befragung der beiden Beschuldigten, damit sie sich nicht absprechen konnten. Die Medien wurden gebeten, die Live-Berichterstattung zu unterbrechen. Schon nach wenigen Minuten bringt Sackmann Fischer auf die Palme, weil er von ihm alle Aktivitäten Mensdorff-Pouillys in allen CEE-Ländern im Detail wissen will. „Sie reden herum“, wettert Sackmann, als Fischer gebetsmühlenartig wiederholt, Mensdorff-Pouilly habe „Hintergrundinformationen“ beschafft – zur politischen Lage im jeweiligen Land oder der Wettbewerbssituation. Sackmann bohrt nach: „Nennen Sie mir eine Information, die zu einer Entscheidung geführt hat.“ Fischer donnert zurück: „Das ist ganz normal in solchen großen Unternehmen, Sie haben ja keine Ahnung.“

Auch Mensdorff-Pouilly kann oder will konkrete Beratungsleistungen nicht auflisten. Ebenso schweigt er darüber, wie er zu seinen Informationen kommt. Wenn er mit einem Minister spreche und das publik mache, „bekomme ich nie wieder eine Info“. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2015)

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