Steinbrück vergleicht Österreich mit Ouagadougou

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Der deutsche Finanzminister rückt Österreich in die Nähe eines Entwicklungslandes. Beim EU-Finanzminister-Treffen in Brüssel nannte er vier europäische Länder in einem Atemzug mit der Hauptstadt von Burkina Faso.

Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück rückt mit neuen Aussagen gegen das Bankgeheimnis Österreich, Luxemburg, die Schweiz und Liechtenstein in die Nähe eines Entwicklungslandes. Nach einem Treffen der EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel, sagte Steinbrück, diese Länder seien zu einer Nachfolgekonferenz des Pariser OECD-Treffens eingeladen. "Selbstverständlich werde ich sie zur Nachfolgekonferenz im Juni in Berlin einladen - Luxemburg, Liechtenstein, Schweiz, Österreich, Ouagadougou (Hauptstadt von Burkina Faso, Anm.)", sagte Steinbrück.

Der Sprecher des Finanzministeriums, Harald Waiglein, bestätigte die Einladung für die Berliner Konferenz am 23. Juni. Österreich werde sie annehmen. "Wir werden uns der Diskussion stellen. Wir wollen Transparenz auf OECD-Ebene", sagte der Sprecher.

"Wir haben uns für nichts zu entschuldigen"

Steinbrück räumte ein, dass die vom G-20 Gipfel erstellten Listen von Steueroasen "widerspruchsbehaftet" seien. Entsprechende Kritik des Luxemburger Premiers Jean-Claude Juncker könne er nachvollziehen. Trotz ihrer Unvollständigkeit empfinde er die Liste als richtig, sagte Steinbrück. "Wir haben uns für nichts zu entschuldigen, sondern wir pushen dieses Thema aus großer Berechtigung." Man dürfe nicht Ursache und Wirkung verwechseln.

"Ich bekomme inzwischen ganz merkwürdige anonyme Hinweise aus manchen Ländern südlich von Deutschland aus dem Bankenbereich, die mir schildern, was dort alles passiert", sagte der deutsche Finanzminister. "Bieten die in-house deutschen Steuerzahlern Trust-Lösungen, Stiftungs-Lösungen, Gesellschaftslösungen an, die sich dann juristisch nicht in diesen Ländern finden sondern in Hongkong und Singapur?", fragte er. Es gebe Hinweise, dass das Bankgeheimnis "eine Schutzbehauptung" sei, um den Status quo aus einem ökonomischen Interesse zu halten.

Bisherige Bemühungen "enttäuschend"

Steinbrück sagte, er habe nichts einzuwenden gegen den Plan von EU-Steuerkommissar Laszlo Kovacs, mit Drittstaaten Verhandlungen über Steuerbetrugsabkommen aufzunehmen, solange dabei die EU-Staaten in ihren Interessen und Kompetenzen in den Außenbeziehungen nicht eingeschränkt seien. So müssten die Verhandlungen mit Liechtenstein ehrgeiziger geführt werden, bisherige Bemühungen der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF seien eher "enttäuschend" verlaufen.

Pröll: "Nicht Öl ins Feuer gießen"

Österreichs VP-Finanzminister Josef Pröll war über die Wortwahl Steinbrücks nicht glücklich und kritisierte den "afrikanischen Vergleich".

In der ZIB im ORF sagte der ÖVP-Chef am Dienstag: "Auch deutsche Sozialdemokraten sollten gerade in Wahlkampfzeiten mit solchen Vergleichen zurückhaltend sein und nicht Öl ins Feuer gießen." Man sei zu Verhandlungen bereit, aber diese Töne würden das Klima vergiften und seien nicht notwendig.

Auch der ÖVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Ernst Strasser kritisiert Steinbrück und empfiehlt, dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück, seine "Kampfrhetorik wieder einzupacken". Im Gespräch mit der APA wies Strasser nicht nur die neuerlichen Forderungen Steinbrücks nach einem Aufweichen des Bankgeheimnisses zurück, sondern auch dessen Vergleich Österreichs mit Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso.

"Wir sollten uns bei Österreich entschuldigen"

Indes ließ der scheidende tschechische Finanzminister Miroslav Kalousek mit einer "persönlichen Bemerkung" zum Streit um die "graue Liste" und Steuerparadiese aufhorchen. Er forderte eine Entschuldigung gegenüber Luxemburg, Österreich und Belgien, die vom G-20-Gipfel auf eine "graue Liste" gesetzt wurden.

"Wir sollten uns entschuldigen bei Luxemburg, Österreich und Belgien", sagte Kalousek. Man könne nicht sagen, dass diese Länder "nicht kooperativ" oder Steuerparadiese seien. "Die Veröffentlichung auf diesen Listen war nicht fair", sagte der tschechische Minister.

Österreich war vom G-20-Gipfel im April gemeinsam mit 38 Staaten auf eine "Graue Liste" gesetzt worden. Diese haben die Standards zum Informationsaustausch in Steuersachen zwar anerkannt, aber noch nicht umgesetzt. Vor allem der Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker hatte den Beschluss heftig kritisiert, nachdem beim vorausgehenden EU-Gipfel versichert worden war, dass sich kein Land der Europäischen Union auf den Listen wiederfinden würde.

(Ag.)

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