Atomstreit: Iran-Gespräche bis Herbst?

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US-Experte Dennis Ross hält eine Verlängerung um bis zu sechs Monate für sinnvoll. Das Abkommen laut Außenminister Kerry noch ungewiss.

Jerusalem. Die Atomverhandlungen mit dem Iran könnten nicht nur um ein paar Tage, sondern um mehrere Monate verlängert werden. Der US-Iran-Experte Dennis Ross, der US-Präsident Barack Obama in dessen erster Amtszeit beriet, sagte der „Jerusalem Post“, er halte einen zusätzlichen Zeitraum von drei bis sechs Monaten für vernünftig.

Dass die Gespräche über die selbst gesetzte Frist des 30. Juni hinausgehen, wertete er zwiespältig. Die schlechte Nachricht sei, „dass sich die Iraner nicht bewegt haben, und wenn sie sich bewegt haben, dann in die falsche Richtung“. Die gute Nachricht dagegen sei, dass die US-Regierung den Iranern signalisiere, dass sie sich nicht durch eine künstliche Deadline unter Druck setzen lasse, um Anpassungen vorzunehmen, von denen die Regierung glaube, dass sie für ein Abkommen notwendig seien.

Ross gehört zu einer Gruppe von US-Regierungsvertretern und Außenpolitik-Experten, die in einem Schreiben in der Vorwoche vor einem Iran-Abkommen gewarnt hatten, das die eigenen Standards der US-Administration für einen guten Deal nicht erfülle. Es müsse strengere Bestimmungen für UNO-Inspektionen und härtere Bedingungen für die Aufhebungen der Sanktionen enthalten.

„Womöglich kein Abkommen“

Die jüngsten Äußerungen des Obersten Führers des Iran, Ali Khamenei, wertete Ross als einen möglichen Rückschritt hinter das im April ausgehandelte Rahmenabkommen von Lausanne. Khamenei hatte unter anderem erklärt, der Iran werde niemals Inspektionen von Militäranlagen zulassen – dies sei eine rote Linie. Wenn diese Äußerungen nicht nur als Imponiergehabe zu verstehen seien, „dann wird es möglicherweise kein Abkommen geben“, so der Experte.

US-Außenminister John Kerry machte am Montag in Wien deutlich, dass ein Gelingen der Verhandlungen noch ungewiss ist. Russlands Außenminister, Sergej Lawrow, will heute, Dienstag, in Österreich eintreffen, um an den Gesprächen teilzunehmen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2015)

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