Geld an UN-Schule: Klage wegen Diskriminierung?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die staatliche Förderung der Vienna International School schädige den Wettbewerb, so die Danube International School.

Wien. „Guys, listen up!“, ruft Lehrer Dominic McCavigan in den Klassenraum. „Wer von euch glaubt, dass er heute Nachmittag eine Auszeichnung bekommt?“ Ein paar der zwölfjährigen Schüler sind offenbar optimistisch und heben die Hand. So, wie es etwa in den USA Tradition ist, wird am Mittwoch auch im zweiten Wiener Gemeindebezirk eine Reihe an Auszeichnungen vergeben: für den Schüler mit den besten Noten etwa, den mit dem größten sozialen Engagement, den mit der stärksten internationalen Einstellung.

Letztere müsste sich an der Danube International School fast von allein ergeben: Die insgesamt 570 Schüler kommen aus 59 verschiedenen Ländern, von Aserbaidschan bis Zimbabwe. Viele von ihnen sind Kinder von Botschaftsmitarbeitern, von internationalen Geschäftsleuten, von binationalen Elternpaaren in Wien – und rund zehn Prozent sind Kinder von UNO-Mitarbeitern. Es ist Letzteres, was dazu führt, dass Schulgründer Franz Biber sich unfair behandelt fühlt.

Der Hintergrund: Eine einzige internationale Schule bekommt in substanziellem Ausmaß Geld vom österreichischen Staat: die Vienna International School (VIS) in Wien-Donaustadt, unweit der UNO-City.

Geschaffen wurde die VIS 1978, auf Basis eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen der UNO und dem österreichischen Außenministerium, Österreich verpflichtete sich zur finanziellen Förderung. Eine Schule für die Kinder der UNO-Mitarbeiter war eine Bedingung für den Bau des neuen Quartiers der Vereinten Nationen in Wien.

„Wettbewerbsschädigend“

Vor anderthalb Monaten beschloss die Regierung, die auslaufende Finanzierung der Schule fortzuführen – wenn auch in reduziertem Ausmaß und mit einem politischen „Trick“, wie Kritiker es bezeichnen. Bis 2018 soll die bisher 5,1 Millionen Euro schwere Förderung schrittweise auf zwei Millionen Euro pro Jahr zurückgefahren werden. Dieses Geld geht nicht mehr direkt an die Schule, sondern als ein sogenannter Bildungsbeitrag an die Vereinten Nationen. Laut Außenministerium entscheidet also die UNO, was sie mit diesem Geld anstellt – weshalb diese Förderung nicht als potenziell unrechtmäßige, einseitige Beihilfe für eine Institution gilt.

Kritiker – und übrigens auch die Schule selbst – gehen allerdings davon aus, dass trotzdem das ganze Geld an die Vienna International School fließen wird. Was Franz Biber von der Danube International School für eine grobe Ungleichbehandlung hält. „Der eine kriegt Steuergeld und alle anderen nicht: Das geht sicher nicht. Das ist diskriminierend und wettbewerbsschädigend.“ Zumal es heute nicht mehr so ist, dass die Vienna International School die einzige Schule ist, in die Mitarbeiter der Vereinten Nationen ihre Kinder schicken.

Zwar sind etwas mehr als die Hälfte der Schüler dort aus UNO-Familien – auch die Danube International School besuchen aber zwischen 50 und 60 Kinder, deren Eltern bei den Vereinten Nationen arbeiten. Das Argument, man unterstütze (ausschließlich) über die VIS die UNO-Mitarbeiter, sei also nicht mehr haltbar, meint Biber: „Wenn der Gesetzgeber sagt, er will die Mitarbeiter der UNO mit Steuergeld fördern, dann darf das nicht nur für die eine Schule gelten.“

„Wir wollen nicht drohen, aber wir werden ein Gutachten erstellen, das an die Ministerien geht“, sagt Biber: das Außenministerium, das die Schule finanziert, und das Wirtschaftsressort, das der VIS die Miete erlässt, das sind nochmals 2,5 Millionen Euro jährlich. Auch eine Klage will er nicht ausschließen: „Wie die Politiker immer sagen: Wir halten uns alle Optionen offen.“

Schule setzt Hoffnung in UNO

Worin Biber noch eine Hoffnung setzt: Dass die Vereinten Nationen ihren neuen Bildungsbeitrag vielleicht doch nicht direkt an die Vienna International School weitergeben – sondern an die Eltern, egal in welche Schule sie ihre Kinder schicken. Das jährliche Schulgeld an der Vienna International School ist derzeit sogar eine Spur geringer als an der Danube International School – auf hohem Niveau: Das letzte Jahr vor dem Schulabschluss kostet hier 22.000 Euro, dort 18.500.

AUF EINEN BLICK

Die Danube International School ist aus der 1990 gegründeten Pawen International School hervorgegangen. 1992 übernahm Franz Biber und benannte sie um. Die Schule mit derzeit 570 Schülern bietet – wie die Vienna International School – das komplette internationale Bakkalaureat (IB). Die Schüler sind zwischen drei und 18 Jahre alt und stammen aus 59 Ländern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2015)

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