Amokfahrt: "Kein religiöses oder politisches Motiv"

Der Geländeagen des Beschuldigten nach der Amokfahrt am 20. Juni.
Der Geländeagen des Beschuldigten nach der Amokfahrt am 20. Juni.APA/ELMAR GUBISCH
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Die Anwältin des Amokfahrers berichtet von ersten Gesprächen mit ihrem Mandanten und dessen Eltern. Letztere hätten den Beschuldigten "als fürsorglichen Vater erlebt".

Elf Tage nach der Amokfahrt von Graz hat sich am Mittwoch die Verteidigerin des beschuldigten zu Wort gemeldet. "Es ist ihm wichtig, dass die Öffentlichkeit weiß, dass sein Handeln weder politisch noch religiös motiviert war", sagt die Juristin Liane Hirschbrich nach den ersten Gesprächen mit ihrem Mandanten. Die Anwältin hat auch mit den Eltern des 26-Jährigen gesprochen. Diese wurden von der Ehefrau des Beschuldigten zuletzt in einem ORF-Interview schwer belastet. Sie seien von den Aussagen der Ehefrau "schockiert und überzeugt, dass diese unrichtig sind", sagt Verteidigerin Hirschbrich.

Die Eltern hätten ihren Sohn als fürsorglichen Vater erlebt, ließ die Anwältin wissen. Der 26-Jährige sei derzeit in einer speziell gesicherten Zelle, "weil man davon ausgeht, dass er sich selbst gefährden könnte". Ein psychiatrischer Gutachter soll in den kommenden zehn Tagen den Geisteszustand ihres Mandanten zum Tatzeitpunkt als auch allgemein ergründen: "Es wurde bei der Verhängung der Untersuchungshaft ein psychiatrischer Sachverständiger beigezogen. Dieser ging davon aus, dass mein Mandant beeinträchtigt ist, jedoch konnte er nicht sagen, dass er am 20. Juni 2015 derart beeinträchtigt war, dass man von seiner Schuldunfähigkeit ausgehen kann."

Hirschbrich will vor ausführlicheren Stellungnahmen die Expertise des Fachmannes abwarten. Außerdem habe ihr Mandant sie gebeten, seine Sicht der Ereignisse noch nicht öffentlich zu diskutieren: "Mir ist bewusst, dass die Menschen nach Erklärungen verlangen. Wenn mein Mandant mir nach den nächsten Gesprächen seine Zustimmung erteilt, werde ich gerne dazu Stellung nehmen."

Initiative "Graz trägt Hoffnung" verkauft Armbänder

Indessen hat die Initiative "Graz trägt Hoffnung" die ersten weiß-grünen Armbänder zu je fünf Euro verkauft. Der Erlös soll zu 100 Prozent den Opfern der Amokfahrt zu Gute kommen. Mit den Bändern soll ein Zeichen gesetzt werden, "dass die Liebe und der Zusammenhalt der Menschen immer stärker sein werden als die grausame Tat eines Einzelnen," ist auf der entsprechenden Facebook-Seite zu lesen. Die Stoffbänder sind in mehreren Lokalen, Banken und Geschäften in Graz sowie per Postversand erhältlich.

Drei Tote und 36 Verletzte

Bei der Amokfahrt am 20. Juni in der Grazer Innenstadt sind drei Menschen - darunter ein vierjähriger Bub - ums Leben gekommen. 36 Menschen wurden verletzt und rund 50 weitere Fußgänger und Radfahrer werden als Opfer geführt, da sie gefährdet waren und sich zum Teil nur durch einen Sprung zur Seite vor dem grünen Geländewagen des 26-Jährigen Mannes aus Graz-Umgebung retten konnten.

(APA)

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