Tetron-Prozess: "Schieszler tischt Märchen auf"

Harald Himmer
Harald HimmerAPA/HELMUT FOHRINGER
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Im Prozess gegen den Lobbyisten Mensdorff-Pouilly steht es Aussage gegen Aussage: Ex-Alcatel-Chef Himmer bezeichnet die Angaben von Kronzeuge Schieszler als "absurd".

Der fünfte Verhandlungstag der Causa Blaulichtfunk/Tetron brachte am Wiener Straflandesgericht einige Ungereimtheiten: So widersprach der als Zeuge geladene frühere Österreich-Chef von Alcatel und ÖVP-Bundesrat, Harald Himmer, den Aussagen des Kronzeugen Gernot Schieszler. Was letzterer sage sei von dessen jeweiliger "Tagesform" abhängig und "absurd", betonte Himmer. "Ich war nie der Geldeintreiber für irgendjemanden", hielt er fest.

Hintergrund ist die Neuvergabe des Behördenfunks/Tetron im Jahr 2004. Damals soll es zu Zahlungen von bis zu 4,4 Millionen Euro an den nun wegen Untreue angeklagten Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly gekommen sein, 1,1 Millionen davon von der Telekom. Der Staatsanwaltschaft fehlt dafür eine Gegenleistung, sie vermutet Weitergabe von Schmiergeld. Neben Mensdorff-Pouilly ist auch Rudolf Fischer angeklagt, der damals Vorstand der Telekom Austria war. Auch vorgeworfen wird letzterem, im Korruptions-Untersuchungsausschuss 2012 falsch ausgesagt zu haben. Beide bestreiten das und plädierten auf "nicht schuldig".

Himmer: "Hier steht Aussage gegen Aussage"

Am zweiten Verhandlungstag war der frühere Telekom-Austria-Finanzvorstand und nunmehrige Kronzeuge Gernot Schieszler hatte in den Zeugenstand geladen. Dabei hatte er ausgesagt, dass Himmer sich bei ihm mehrmals erkundigt habe, ob die Zahlung an Mensdorff-Pouilly schon erfolgt sei. Himmers Darstellung zufolge hat Schieszler hingegen bei ihm rückgefragt, ob Alcatel mit Mensdorff-Pouilly auch einen Vertrag habe. Himmer sagte aus, Mensdorff-Pouilly habe Alcatel in Ungarn beraten.

Dass Mensdorff-Pouilly von der Telekom 1,1 Millionen Euro erhalten hat, habe er aus den Medien erfahren, so Himmer. "Ich kenne die Aussagen des Herrn Schieszler, mir ist bewusst, dass hier Aussage gegen Aussage steht." In der Folge versuchte Himmer, Schieszler vor dem Richter und dem Schöffensenat zu diskreditieren. Schieszler sei ein "karriereorientierte Egomane" gewesen. "Er hat sicher auch mir auch eine Zeit lang ins Gesicht gegrinst", so Himmer. Weiters glaube er nicht, dass "Schieszler in der Lage ist zu unterscheiden, was er selbst erlebt und den Märchen, die er auftischt".

Himmer: Tetron war Projekt eines Kollegen

Himmer erklärte im Zeugenstand auch, für die Blaulichtfunkvergabe des Innenministeriums nicht zuständig gewesen zu sein. Tetron sei das Projekt seines Kollegen gewesen. Er sei 2003 und 2004 zum Zeitpunkt der Neuausschreibung auch nicht Alcatel-Geschäftsführer gewesen, sondern nur Vertriebschef. Himmer bestätigte, dass er den Kabinettschef des Innenministeriums, Christoph Ulmer, gekannt hat. "Ich bin nicht vor ihm davongelaufen." Für das Projekt Tetron habe er die Kontakte aber nicht intensiviert.

Daraufhin legte Staatsanwalt Volkert Sackmann einen E-Mail-Verkehr zwischen Himmer, Ulmer und einem weiteren Mitarbeiter des Innenministeriums vor. Der Staatsanwalt will damit beweisen, dass Alcatel schon vor der Ausschreibung wusste, dass es diese geben wird. Himmer schickte Monate vor der Ausschreibung einen Fragenkatalog an die beiden Kabinettsmitarbeiter. Der Staatsanwalt dazu: Es wäre nicht das erste Mal, dass im Vorfeld die Ausschreibung beeinflusst wurde.

Himmer verteidigte sich, er sehe in dem E-Mail "nicht den geringsten Widerspruch" zu seinen vorigen Aussagen. Er habe das E-Mail nur weitergeleitet und man könne ihm nicht vorwerfen, wenn er sich an diese paar Minuten im Jahr 2003 nicht mehr erinnern könne. Seine Glaubwürdigkeit sieht er dadurch nicht infrage gestellt.

Zankapfel: E-Mail

Der Anwalt von Fischer, Otto Dietrich, kritisierte, dass der Staatsanwalt regelmäßig neue Akten einbringe. Das E-Mail sei für das Verfahren "völlig irrelevant." Mit der vorgeworfenen Untreue habe das überhaupt nichts zu tun. Zudem sei zum Zeitpunkt des E-Mails schon bekannt gewesen, dass sich Masterstalk auflöst. Dafür legte er zum Beweis ein Schreiben von Mastertalk an die Telekom Austria vor.

Gegen Himmer läuft derzeit ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien, wie Staatsanwalt Sackmann zu Beginn der Befragung sagte. Himmer hätte daher die Möglichkeit gehabt, die Zeugenaussage zu verweigern. Himmer war von 2007 bis Ende 2012 Generaldirektor von Alcatel-Lucent Austria. Seit 1995 sitzt er für die ÖVP im Bundesrat.

Der Prozess geht am Freitag mit der Zeugenaussage des früheren Telekom-Generaldirektors Heinz Sundt weiter. Danach gibt es eine längere Sommerpause. Wahrscheinlich wird der Prozess erst in gut zwei Monaten fortgesetzt. Als Verhandlungstermine stehen der 9., 10. und 11. September im Raum. Da soll dann auch der scheidende Telekom-Konzernchef und künftige Vodafone-Deutschland-CEO, Hannes Ametsreiter, als Zeuge einvernommen werden.

(APA/Red.)

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