ÖBB-Reform: ÖVP stellt Bedingungen

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Verkehrsministerin Bures will die Zahl der ÖBB-Vorstände und Geschäftsführer von 22 auf 14 reduzieren. Die ÖVP stimmt dem neuen Bahngesetz erst zu, wenn die Wirtschaftlichkeit von Infrastruktur-Projekten geklärt ist.

Wien. Infrastrukturministerin Doris Bures drückt bei der ÖBB-Reform, mit der die Effizienz der Bahn gesteigert werden soll, aufs Tempo. Am Mittwoch schickte Bures die Gesetzesnovelle in Begutachtung, im Juni soll darüber im Ministerrat diskutiert werden. Noch vor der Sommerpause soll das Parlament zustimmen. „Die Reform ist mit der ÖVP abgestimmt“, versichert Bures.

Doch ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier knüpft die Zustimmung seiner Partei im „Presse“-Gespräch an Bedingungen. Maier verlangt von Bures eine Studie über die Wirtschaftlichkeit der geplanten Schieneninfrastrukturprojekte. Es könne nicht sein, dass die ÖBB kräftig spare, während der Staat auf der anderen Seite für möglicherweise wenig sinnvolle Projekte viel Geld ausgebe.

Maier: „Die ÖBB-Reform muss man auch in diesem Kontext sehen.“ Klärungsbedarf bestehe vor allem beim umstrittenen Koralmtunnel, der Milliarden verschlingt: „Die Ministerin soll mir zeigen, ob sich solche Projekte wirtschaftlich rechnen“, fordert der Politiker.

13 Mrd. in den Schienenausbau

Das Thema könnte sich in der Regierung zum Zankapfel entwickeln. Jüngst hatte Bahn-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker eingeräumt, dass die Investitionen in den Koralmtunnel aus dem Bahnbetrieb niemals verdient werden können. Das Projekt sei „am Markt nicht finanzierbar“, so Pöchhacker.

Die Verkehrsministerin verteidigt dagegen die Ausgaben für das Schienennetz. Damit würden in der Wirtschaftskrise Arbeitsplätze geschaffen. Alleine heuer sollen dafür 2,3 Mrd. Euro ausgegeben werden. Bis 2014 soll das Schienennetz um 13,9 Mrd. Euro erneuert und ausgebaut werden. Dies sichert nach Angaben des Verkehrsministeriums jährlich 50.000 Jobs.

Die Zukunft der Bahn ist seit Jahren ein Streitthema zwischen ÖVP und SPÖ. Mit dem gestern vorgestellten Bahn-Umbau macht Bures eines der wichtigsten Reformvorhaben von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) rückgängig.

Trotz massiver Kritik wurde die Bahn 2003 von der FPÖ-ÖVP-Regierung in elf Gesellschaften geteilt. Schüssel erhoffte sich dadurch Einsparungen von 300 Mio. Euro. Bures – damals SPÖ-Bundesgeschäftsführerin – sprach von einem Desaster. An ihrer Kritik hat sich seitdem nichts geändert. Sie ist weiterhin überzeugt, dass die 2003 geschaffene Struktur zu bürokratisch und zu ineffizient sei.

Mit dem neuen Gesetz soll alles anders werden. Statt elf ÖBB-Gesellschaften soll es künftig sieben geben. Die unter der Holding angesiedelten Aktiengesellschaften werden von fünf auf drei (Personenverkehr, Rail Cargo Austria, Infrastruktur) reduziert.

Gestrafft wird weiters die Zahl der Vorstände und Geschäftsführer von 22 auf 14. Zusatzkosten werde der Abbau der Führungskräfte nicht verursachen, versicherte Bures. Denn die Verträge der betroffenen Manager laufen ohnehin bald aus.

Zusammengelegt werden unter anderem die „Infrastruktur Bau AG“ und die „Infrastruktur Betrieb AG“, wo es in der Vergangenheit immer wieder zu Reibungsverlusten kam.

Neuer Konflikt bahnt sich an

Mit dem Umbau soll das Management flexibler und rascher auf die Wettbewerbssituation reagieren können, hofft Bures. Beispiel: Verlässt ein Personenzug den Westbahnhof, mussten bislang vier Firmen (ÖBB-Personenverkehr, der Verschub, die ÖBB-Traktion und die ÖBB Infrastruktur Betrieb) zusammenarbeiten. Künftig sollen zwei Gesellschaften ausreichen.

Für die Opposition ist der Plan ein Schritt in die richtige Richtung: „Das ist aber nur ein Reförmchen“, meint Gabriele Moser. Verkehrssprecherin der Grünen. Für sie sieht das Ganze nach einem Kompromiss aus. „Damit kann wahrscheinlich auch die ÖVP, die den Umbau 2003 zu verantworten hat, leben“, vermutet die Politikerin. Moser ist der Ansicht, dass bei den Vorständen und Geschäftsführern noch Einsparungspotenzial besteht.

Inzwischen bahnt sich in der Causa ein weiterer Konflikt an: Wie „Die Presse“ Anfang April berichtete, ist es so gut wie fix, dass die ÖVP den früheren Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka in den ÖBB-Aufsichtsrat schicken wird. Viele in der SPÖ sehen darin eine Provokation. Denn Kukacka hatte mit Schüssel die von Bures rückgängig gemachte „große ÖBB-Reform“ umgesetzt.

AUF EINEN BLICK

Die ÖBB-Konzernstruktur soll nach der großen Reform 2003 erneut umgebaut werden. Infrastrukturministerin Doris Bures hat dazu am Mittwoch die Gesetzesnovelle in Begutachtung geschickt. Statt elf ÖBB-Gesellschaften soll es künftig sieben geben. Die Zahl der Vorstände und Geschäftsführer soll von 22 auf 14 reduziert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2009)

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