Neuer Streit um Echtheit der Nofretete

(c) Reuters (Tobias Schwarz)
  • Drucken

Ein Historiker behauptet, die Büste sei nur als Experiment der Ausgrabungen von 1912 entstanden. 25 Jahre hätte er Beweise gesammelt. Das Ägyptische Museum weist die Vorwürfe zurück und beharrt auf der Echtheit.

Ein Schweizer Kunst- und Architekturhistoriker stellt die Echtheit der Büste der Königin Nofretete infrage. Damit sorgt Henri Stierlin aus Genf vor der Wiedereröffnung des Ägyptischen Museums in Berlin für Aufregung. Die Nofretete sei während der Ausgrabungen 1912 als Experiment der deutschen Grabungsmannschaft entstanden und somit erst knapp 100 Jahre alt, sagte Stierlin am Mittwoch. Die Nofretete ist eine der Hauptattraktionen des Museums und gleichsam sein Wahrzeichen. Seitens des Museums heißt es, die Echtheit der Büste sei zweifelsfrei bewiesen.

Nofretete nur unglücklicher Zufall?

Die Existenz der Büste, die an Berühmtheit der Mona Lisa gleichkommt, sei einem unglücklichen Zufall geschuldet, erläuterte Stierlin. Bei einem Grabungsbesuch sei die von dem Bildhauer Gerhardt Marks geschaffene Skulptur Vertretern des regierenden sächsischen Königshauses aufgefallen und fotografisch festgehalten worden. Anschließend habe man sich nicht mehr getraut, ihre Echtheit zu dementieren, um die Hoheiten nicht lächerlich zu machen.

Wissenschaftliche Arbeit ist "Karikatur"

Der damalige Grabungsleiter Ludwig Borchardt habe die Königin, die sonst im für das Flachrelief typischen Profil zu sehen ist, lediglich in ihrem vollen Schmuck zeigen und gleichzeitig mit gefundenen Farbpigmenten experimentieren wollen. Er habe diesen scheinbaren Fund später auch nie dokumentieren wollen und seine erst 1924 erschienene wissenschaftliche Veröffentlichung sei eine "Karikatur", behauptet Stierlin.

Museum: Echtheit lückenlos nachgewiesen

Das Ägyptische Museum in Berlin hat die Zweifel des Schweizer Autors an der Echtheit der fast 3400 Jahre alten Büste der Königin Nofretete zurückgewiesen. Museumsdirektor Dietrich Wildung sagte am Mittwoch, er schätze Henri Stierlin zwar als "ausgezeichneten Fotografen und Populärwissenschafter", seine Behauptungen ließen sich aber alle sehr rasch entkräften. Die Entstehungsgeschichte der Büste sei mit Computertomographien und Materialanalysen lückenlos nachgewiesen worden, betonte Wildung.

"Eine schöne Frau und ein Skandal"

Wildung erklärte, er sei verwundert, dass Stierlin, mit dem er vor zehn Jahren einen Bildband herausgebracht hat, sich vor Veröffentlichung seiner Thesen nicht bei ihm gemeldet habe und fügte hinzu: "Eine schöne Frau und ein vermeintlicher Skandal - das verkauft sich immer".

25 Jahre "Schwindel" erforscht

Stierlin hat ein Buch zum Thema Nofretete veröffentlicht und hält dagegen, Wildung habe seit langem Kenntnis von dem Buchprojekt gehabt. "Als er noch Museumsdirektor in München war, wollte er das Vorwort dazu schreiben." Er habe nach eigenen Angaben 25 Jahre lang geforscht, um den Schwindel aufzudecken.

Keine Rast für Nofretete

Die Büste der "Schönen" kommt also selbst nach tausenden Jahren nicht zur Ruhe. Erst im Februar gab es heftige Diskussionen, ob die Büste der Hauptfrau von Pharao Amenophis IV. (genannt Echnaton) überhaupt rechtmäßig nach Deutschland gelangte.

(Ag./Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.