Hypo-Pleite: Die Heta-Wette der Republik

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Hypo Alpe Adria(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Finanzminister Hans Jörg Schelling hat mit Bayern einen Generalvergleich über die Rechtsstreitigkeiten wegen der Hypo-Bad-Bank Heta getroffen. Die Bayern erhalten mindestens 1,23 Milliarden Euro.

Wien. Dass der auf unzähligen Ebenen ausgefochtene Rechtsstreit zwischen Österreich und Bayern mit einem Generalvergleich beendet werden wird, ist allgemein erwartet worden. Dass diese Einigung so schnell kommt, war dann aber doch überraschend. Am Dienstag informierte Finanzminister Hans Jörg Schelling den Ministerrat, dass er mit seinem bayerischen Pendant, Markus Söder, eine Einigung gefunden hat. „Alle Verfahren werden mit dem Verzicht auf alle Ansprüche eingestellt“, so Schelling. Österreich garantiert Bayern dafür bei der in Anspruch gestellten Gesamtsumme in Höhe von 2,75 Milliarden Euro eine Quote von 45 Prozent. Liegt der Erlös aus der Abwicklung der Heta darunter, wird diese Garantie schlagend.

„Die Wunden sind geschlossen, aber Narben bleiben“, erklärte Söder in München. Nachsatz: „Viel mehr werden wir nicht bekommen.“ Auch dann nicht, wenn Bayern die noch gut zehn Jahre laufenden Prozesse letztlich gewinnen sollte. Ähnlich argumentiert auch Schelling. Allein die Gerichtsgebühren hätten sich inzwischen auf 60 Millionen Euro summiert. Hinzu kämen die Kosten für die Anwälte. „Die Prozesse brachten hohe Kosten und eine große Unsicherheit“, so Schelling. Dies habe man nun geändert.

Doch wie ist nun das weitere Vorgehen und wie gut ist der Vergleich wirklich? „Die Presse“ hat die Antworten:

1. Worauf haben sich die Republik Österreich und der Freistaat Bayern konkret geeinigt?

Sämtliche wechselseitigen Klagen werden fallen gelassen. Darunter auch jenes Verfahren in München, das die Bayern im Mai in erster Instanz gewonnen haben. Im Gegenzug akzeptiert Österreich die Ansprüche der Bayern in Höhe von 2,75 Milliarden Euro als gleichwertig mit jenen der anderen Gläubiger. Zudem gibt die Republik den Bayern eine Garantie von zumindest 45 Prozent dieser Summe. Diese erfolgt, indem es noch heuer eine Akontozahlung in Höhe von 1,23 Milliarden Euro auf ein Treuhandkonto in München geben soll. Erlöse aus der Abwicklung der Heta, die den Bayern zustehen, werden dann mit diesem Konto gegengerechnet.

2. Entstehen dadurch für die Steuerzahler zusätzliche Kosten? Wird das Budget belastet?

Ob zusätzliche Kosten entstehen, hängt von den bei der Abwicklung der Heta letztlich erzielten Erlösen ab. Liegen diese Erlöse über der garantierten Quote von 45 Prozent, entstehen für die Steuerzahler gar keine zusätzlichen Kosten – die Erlöse werden mit der auf das Treuhandkonto überwiesenen Summe von 1,23 Milliarden Euro ja gegengerechnet. Anders sieht die Situation aus, wenn die Quote darunter liegt – beispielsweise bei 30 Prozent. Dann bleibt die Differenz von 15 Prozent oder gut 410 Millionen Euro beim österreichischen Steuerzahler hängen. Die Akontozahlung wird für das Budget 2015 in jedem Fall wirksam. Allerdings wurden vorsorglich bereits 4,6 Milliarden ins Budget eingestellt. Daher ergebe sich keine zusätzliche Belastung, so Schelling.

3. Ist der geschlossene Vergleich für Österreich von Vorteil?

Das ist wohl die Gretchenfrage. Endgültig beantworten kann man sie erst nach der Abwicklung der Heta, die zumindest bis 2018 oder 2019 dauern wird. Einen ersten Ansatzpunkt wird aber der Schuldenschnitt geben, den die FMA bis spätestens Mai 2016 festlegen muss. Ergibt dieser eine Zahlungsquote von 45 Prozent oder mehr, hat Österreich gut verhandelt; liegt er weit unter dieser Marke, schaut es besser für die Bayern aus. Laut Schelling ist die im Vergleich festgelegte Quote von 45 Prozent zwar kein Präjudiz, aber ein „nicht unwichtiges Signal für den Markt“. Dieser rechnet derzeit mit einem deutlich geringeren Schuldenschnitt, die Papiere der Heta werden zur Zeit mit rund 65 Prozent gehandelt. Allerdings haben diese auch noch die Haftung Kärntens, die einen gewissen Wert darstellt. Anders sieht die Situation laut der Bilanz 2014 der Heta aus. Demnach steht den Aktiva von 9,6 Milliarden Euro eine Überschuldung von sieben Milliarden Euro gegenüber. Dadurch würde sich ein Schnitt von 73 Prozent – also eine Quote von 27 Prozent – ergeben. In der Überschuldung ist jedoch auch eine Rückstellung für das Prozessrisiko mit den Bayern in Höhe von 900 Millionen Euro enthalten, die nun aufgelöst werden kann. Dadurch steigt die rechnerische Quote auf 36 Prozent.

4. Kann der nun auf politischer Ebene getroffene Vergleich noch scheitern?

Theoretisch schon. Damit der Vergleich gültig wird, müssen noch beide Parlamente sowie die Heta, die BayernLB und die FMA zustimmen. Die drei Letzteren sind auch zumindest formal unabhängig. Vor allem in München will man den Vergleich noch genau prüfen, heißt es. Sowohl in München als auch in Wien deutet derzeit jedoch nichts auf einen gewichtigen Grund für ein Nein hin. Geprüft wird der Vergleich zudem auch noch von einer Juristenkommission unter der Führung von Irmgard Griss. Sie gibt aber nur eine Empfehlung ab.

5. Was bedeutet diese Einigung für die anderen Rechtsstreitigkeiten rund um die Heta?

Die Klagen der anderen Gläubiger gegen das Schuldenmoratorium oder das erste Hypo-Gesetz, das Forderungen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro für ungültig erklärt hat, bleiben dadurch unberührt. Über Letzteres wird der Verfassungsgerichtshof im Herbst entscheiden. Auch die Haftungen von Kärnten in Höhe von 10,2 Milliarden Euro sind weiter gültig. Hier strebt Österreich laut Schelling ähnliche Vereinbarungen mit den Gläubigern an wie jetzt mit den Bayern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2015)

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