"Mystery Shopping": VP-Gesundheitssprecher stimmt dagegen

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Das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz ist mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen worden.

Das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz als Teil der Gegenfinanzierung zur Steuerreform ist am Mittwoch im Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen worden. Aufreger war einmal mehr das sogenannte "Mystery Shopping" in Arztpraxen. ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger lehnte das Gesetz deshalb wie angekündigt ab.

Mit dem Gesetz soll einerseits Scheinfirmen und anderseits dem Krankenstands- bzw. dem E-Card-Missbrauch der Kampf angesagt werden. So kann die Sozialversicherung im Verdachtsfall Test-Patienten zur Überprüfung ärztlicher Leistungsverrechnungen ausschicken. Zudem soll eine Ausweispflicht in Spitalsambulanzen einen Betrug mit der E-Card verhindern. Arztpraxen werden ebenfalls zu geeigneten Kontrollen verpflichtet.

Das "Mystery Shopping" hatte bereits im Vorfeld für einen Koalitionszwist gesorgt. Er gestehe zu, dass dieser Punkt von der Volkspartei hineinverhandelt worden war, meinte ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger, "aber man kann auch klüger werden". Die Regelung sei "überschießend". Gegengeschäften könne man hier nicht mehr zustimmen, auch wenn es um ein berechtigtes Anliegen gehe, das Mindestpensionisten betreffe, betonte Wöginger. Die SPÖ hatte ja angeboten, auf das "Mystery Shopping" zu verzichten, wenn dafür die im Zuge der Steuerreform eingeführte Negativsteuer für niedrige Pensionen auch für Bezieher der Ausgleichszulage gelte.

Gegenstimme aus der ÖVP

VP-Gesundheitssprecher Rasinger machte seine Ankündigung wahr und blieb bei der Abstimmung sitzen. Er könne als Arzt nicht verantworten, dass man die Vertrauensbasis mit dem Patienten "leichtfertig aufs Spiel setzt". Er sei darauf angewiesen, dass ihm der Patient die Wahrheit sage. Der vom Team Stronach zur ÖVP übergelaufene Arzt Marcus Franz, der ebenfalls gegen die Testpatienten ist, war nicht anwesend.

SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger verteidigte die Maßnahme: Es gehe darum, zu kontrollieren, ob Leistungen, die verrechnet werden, auch ihre Richtigkeit haben - "das ist legitim". Er verstehe auch die "Hetzkampagne" der Ärztekammer nicht.

"Systematische Bespitzelung der Ärzteschaft"

Die Debatte beschränkte sich freilich nicht auf die Regierungsparteien: FPÖ-Wissenschaftssprecher Andreas Karlsböck findet das "Mystery Shopping" ebenfalls "empörend", damit erlaube man die "systematische Bespitzelung der Ärzteschaft". Auch Team Stronach-Klubobfrau Waltraud Dietrich bezeichnete es als "unerhört", dass Ärzte bespitzelt werden sollen in einem Bereich, wo Vertrauen zwischen Patient und Arzt herrschen sollte.

Der Kampf gegen Sozialbetrug sei wichtig, meinte Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker, allerdings habe das vorliegende Gesetz Potenzial, auch redliche Unternehmer zu schädigen. Die Grüne Arbeitnehmersprecherin Birgit Schatz sah in dem Gesetz eine gute Weiterentwicklung. Man werde trotzdem immer wieder einfordern, dass auch in anderen Bereichen wie im Tourismus genau hingeschaut werden soll. 

Einmal mehr Thema war auch, E-Cards gegen Missbrauch mit Foto zu versehen - das gehöre längst gemacht, forderte Wöginger. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hatte sich im Ö1-"Mittagsjournal" skeptisch bezüglich der Forderung nach einem Foto auf der E-Card oder nach einem Handvenen-Scanner gezeigt: Das könnte bestenfalls ein "mittelfristiges Projekt" sein. Er gab zu bedenken, dass die E-Card im Gegensatz etwa zum Führerschein nicht persönlich abgeholt werde und man daher nicht einfach feststellen könne, ob Foto und Name übereinstimmen.

(APA)

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