Tulln: Finanzdesaster um Landes-Gartenschau

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Statt der geplanten fünf Millionen hat das Projekt bisher 21 Millionen Euro gekostet. Sowohl FPÖ als auch Grüne fordern aufgrund der Kostenexplosion bei der Landes-Gartenschau den Rücktritt des Finanz-Landesrates.

St. Pölten. Ein Bericht des Landesrechnungshofes wirft lange Schatten auf das Prestigeprojekt von Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP): die niederösterreichische Landesgartenschau in Tulln, die im Vorjahr fast 350.000 Besucher angelockt hat. Als das Land Niederösterreich 2003 erstmals die Umsetzung einer Gartenerlebniswelt, einer „grünen Lagune“, zu planen begann, prognostizierten Machbarkeitsstudien Gesamtkosten von bis zu fünf Millionen Euro. Inzwischen hat die Landesgartenschau das Vierfache davon verschlungen: Mehr als 21 Millionen Euro an öffentlichen Geldern sind seit 2003 in die Erschließung des 50 Hektar großen Areals mit Schaugärten, Kanalanlagen und einem Baumwipfelweg geflossen.

Diese Kostenexplosion ist aber nicht der größte Kritikpunkt an dem Projekt, den der Landesrechnungshof in einem aktuellen Bericht bei dem Projekt anprangert: Schwerer wiegt die Tatsache, dass Teile der Förderungen, die das Land in die Errichtung der Anlage investiert hat, nur auf Basis von groben Schätzungen eingeplant wurden, ohne dass die endgültigen Gesamtkosten absehbar gewesen wären oder eine nachvollziehbare Begründung für die damals benötigte Summe beigefügt gewesen wäre. In einer Stellungnahme zu dem Bericht rechtfertigt sich die Landesregierung damit, dass die Projektierung einer erstmalig als Dauereinrichtung geführten Landesgartenschau „schwierig“ gewesen sei und ständig Anpassungen vorgenommen werden mussten.

Sobotka: „Freihändige“ Förderungsvergabe

Darüber hinauf wirft der Landesrechnungshof dem zuständigen Landesrat Sobotka vor, der Planungsgesellschaft freihändig eine Förderung von 2,5 Millionen Euro überwiesen zu haben – für die Genehmigung von Leistungen im Wert von über 50.000 Euro wäre eigentlich ein Beschluss der (ÖVP-dominierten) Landesregierung nötig, wenn Summe und Empfänger nicht schon im Budgetvoranschlag festgeschrieben sind. Im Fall der 2,5 Millionen Euro war die Vergabe an die Planungsgesellschaft aber nur in den (unverbindlichen) Erläuterungen zum Budget erwähnt.

Für die niederösterreichische Opposition ist der Bericht ein gefundenes Fressen: In den vergangenen Monaten hat sie sich auf Sobotka eingeschossen, der auch Spekulationsverluste von bis zu einer Milliarde Euro bei den veranlagten Wohnbaugeldern des Landes zu verantworten hat. Sowohl FPÖ als auch Grüne fordern aufgrund der Kostenexplosion bei der Landesgartenschau den Rücktritt des Finanzlandesrates. Das mag auch damit zu tun haben, dass Sobotka die Gartenaktionen des Landes zur Werbung in eigener Sache verwendet hat: Der Finanzlandesrat in der Gartenschürze zwischen Sträuchern und Kräutern war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Baustein der Wohlfühl-Werbelinie der mit absoluter Mehrheit regierenden niederösterreichischen ÖVP. Sobotka selbst weist die Kritik zurück: Das Projekt habe sich prächtig entwickelt und sei bewusst erweitert worden, alle Förderungen seien ordnungsgemäß beschlossen worden.

Trotz der Rücktrittsforderungen muss sich Sobotka vorerst keine Sorgen um seine politische Zukunft in Niederösterreich machen: Erst im Februar ist er zum Nachfolger von Landeshauptmannstellvertreter Ernest Gabmann (ÖVP) avanciert, der aus der Politik in den Vorstand der Flughafen Wien AG wechselte – zu einem Zeitpunkt, als bereits bekannt war, dass dem Land durch Spekulationsgeschäfte mehr als 800 Millionen Euro Verluste drohen. Als Stellvertreter Erwin Prölls steht Sobotka weiterhin in erster Reihe für eine Nachfolge als Landeshauptmann, sollte Pröll im Frühjahr 2010 zur Bundespräsidentenwahl antreten.

Auf einen Blick

Fünf Millionen Euro hatte das Land Niederösterreich bei Planungsbeginn 2003 ursprünglich für die Landesgartenschau, die seit 2008 in Tulln stattfindet, veranschlagt.

21 Millionen Euro hat die Ausstellung bis 2008 gekostet, sodass das Land seine Förderungen ständig erhöhen musste. Darüber hinaus kritisiert der Landesrechnungshof die Abwicklung der Fördermaßnahmen durch das Land.

350.000 Menschen haben die Landesgartenschau 2008 besucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2009)

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