Slowakei: „Wir wollen keine Flüchtlinge“

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Die Asylwerber, die Innenministerin Mikl-Leitner „auslagern“ will, könnten in Gabcikovo landen. Dort regt sich bereits großer Unmut.

Bratislava. Das Dorf Gabcikovo beim gleichnamigen Donaukraftwerk südöstlich von Bratislava ist in Aufruhr. Die Gemeinde mit nicht viel mehr als 5000 Einwohnern gilt als heißer Standortkandidat für eine Flüchtlingsunterkunft mit mehreren hundert Plätzen. Auch für jene Asylwerber, die Österreichs Innenministerin vorübergehend ins Nachbarland „auslagern“ möchte, ist Gabcikovo im Gespräch. „Die definitive Entscheidung fällt bis Ende Juli“, erfuhr „Die Presse“ am Donnerstag im slowakischen Innenministerium.

Schon das vor einigen Tagen aufgetauchte Gerücht, dass ein schon in der Zeit der Jugoslawien-Kriege als Flüchtlingsunterkunft dienender Gebäudekomplex der Technischen Universität Bratislava im Dorf wieder für Asylwerber genützt werden könnte, veranlasste den Bürgermeister zu einem vergeblichen Protestbrief an Innenminister Robert Kalinak. Dorfbewohner beklagen sich gegenüber den Medien über die Pläne: „Wir wollen hier keine Flüchtlinge!“ Dabei ist die Slowakei im Umgang mit Asylwerbern so restriktiv wie kaum ein anderes EU-Land. Im gesamten Jahr 2014 erhielten lediglich vierzehn Menschen Asyl in der Slowakei. Im Jahr 2015 sind es bisher gerade fünf, deren Asylantrag positiv erledigt wurde. Als die EU-Kommission mit ihrem inzwischen aufgegebenen Plan für Schlagzeilen sorgte, Flüchtlingsquoten einzuführen, waren sich Opposition und Regierung in Bratislava so einig wie sonst kaum.

Lediglich die slowakischen EU-Parlamentarier scherten aus der Ablehnungsfront aus: Auch Slowaken seien früher in Scharen aus dem Land geflohen und hätten im Westen Asyl bekommen. Dafür ernteten die EU-Abgeordneten wüste Beschimpfungen bei einer der größten Demonstrationen, die die Slowakei seit der Wende 1989/90 erlebte. Mehr als 5000 Menschen folgten Ende Juni dem Ruf mehrerer Neonazi-Organisationen und demonstrierten in Bratislava gegen die „Islamisierung Europas“ und das „Brüsseler Diktat“, laut dem die Slowakei 785 Flüchtlinge hätte aufnehmen sollen. Am Sonntag soll eine ähnliche Anti-Islam-Demo auch in der nordslowakischen Stadt Zilina stattfinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2015)


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