BRICS-Gipfel: Gemeinsamer Gegner als Programm

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Der BRICS-Gipfel endete mit Vorwürfen gegen den Westen. Der eigene Beitrag für die Welt ist eine neue Bank.

Wien. Die Information sollte wie eine Begleitmusik zum Gipfel der BRICS-Staaten am Donnerstag in der südostrussischen Stadt Ufa sein. China habe in diesem Jahr russische Staatsanleihen im Wert von 50–60 Milliarden Rubel (790-950 Millionen Euro) gekauft, ließ Russlands Finanzminister, Andrej Siluanov, wissen: Sobald die Chinesen sehen würden, dass dies eine einträgliche Investition sei, könnten sie das Ausmaß ihrer Investitionen in die russische Wirtschaft erweitern.

Im Einzelereignis soll sich in gewisser Weise spiegeln, was der Gipfel der BRICS-Staatschefs – zumindest aus Sicht der Russen, aber auch der Chinesen, die beide gemeinsam das Sagen in der losen Schwellenländer-Allianz haben – im großen Stil signalisieren sollte: Und zwar, dass einzelne Schwellenländer mehr zusammenrücken und sich zum alternativen Kraftzentrum gegen die westliche Hegemonie etablieren können und sollen.

Gemeinsame Gegner

Der Wunsch dazu ist unter den BRICS-Staaten (neben Russland und China auch Brasilien, Indien und Südafrika), die über 40 Prozent der Weltbevölkerung und etwa 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung decken, in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung seit Langem vorhanden. Die westlichen Sanktionen gegen Russland angesichts der Krise in der Ostukraine haben die Umsetzung des Vorhabens nur noch beschleunigt. Die einseitigen Wirtschaftssanktionen würden allgemein anerkannte Normen internationaler Beziehungen verletzen, heißt es in der Deklaration, die am Donnerstag unterzeichnet wurde und die in diesem Punkt als Schützenhilfe für Putin zu sehen ist. „Gerade aus diesem Grund ist es sehr wichtig, die Kooperation unter den BRICS-Staaten zu vertiefen“, sagte Indiens Premierminister, Narendra Modi.

Wirklich konkret passiert dies fürs Erste auf dem Finanzsektor. Mit dem faktischen Start der neuen BRICS-Entwicklungsbank auf dem Gipfel wurde dem Ansinnen nach ein Gegenstück zur Weltbank und zum Internationalen Währungsfonds (IWF) in die Gänge gebracht, nachdem Washington eine Reform der Stimmrechte im IWF blockiert hatte. 100 Mrd. Dollar sollen zur Verfügung stehen – 41 Mrd. davon kommen aus China. Man werde Geld sowohl auf den lokalen Märkten als auch international an Land ziehen, so Kundapur Vaman Kamath, Präsident der neuen Bank, gegenüber der Agentur Reuters: Es gebe noch keine spezifischen Projekte in der Pipeline. Die Bank starte mit Jahresende, wobei die ersten Projekte ab Frühjahr 2016 geprüft werden können, so Russlands Vertreter Wladimir Dmitriev.

Viele Vorhaben

Vieles ist noch unausgegoren, selbst das Mandat der Bank sei sehr weit gefasst, so Kamath, der früher der größten indischen Privatbank, ICICI Bank, vorgestanden war: Den Fokus werde man auf die Infrastruktur legen.
Außerhalb des Finanzsektors findet die Vertiefung innerhalb der BRICS-Staaten nur sehr zögerlich statt. Zu heterogen ist das Bündnis sowohl in politischer Hinsicht als auch in der Struktur der jeweiligen Nationalökonomien. Man ist hauptsächlich durch ähnliche Interessen verbunden.

Als Ergebnis des Gipfels wurde ein Handlungsplan verabschiedet, der die Arbeit der Staaten für das kommende Jahr konkretisiert und neue Kooperationslinien umfasst. Ziel der neuen Strategie-2020 sei es, Wachstum und Konkurrenzfähigkeit der BRICS in der Weltwirtschaft zu erhöhen, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin.

Vieles bleibt auf der Ebene der Absichtserklärungen. In der Abschlussdeklaration, in der auch zur Beilegung der Krise in der Ostukraine aufgerufen wird und Menschenrechtsverletzungen in Syrien angeprangert werden, wird festgehalten, dass man eine gerechtere Weltordnung anstrebe, wobei die BRICS-Staaten sich als „Struktur einer neuen globalen Steuerung“ verstehen. Chinas Staatschef, Xi Jinping, nannte den Prozess „unumkehrbar“. Das Feindbild kommt dabei nicht zu kurz: Dem Westen werden eine „neoliberale Globalisierung“ und ein Missmanagement in der Finanzkrise vorgeworfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2015)

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