"El Chapo" Guzman verschwand durch ein Loch in seiner Zelle. Der Ausbruch aus Hochsicherheitsgefängnis versetzte Behörden in Erklärungsnot.
Der berüchtigte mexikanische Drogenboss Joaquin "El Chapo" Guzman ist zum zweiten Mal und auf besonders spektakuläre Weise aus einem Hochsicherheitsgefängnis ausgebrochen. Er hat sich dabei eines 1,5 Kilometer langen Tunnels "bedient", der offenbar unbemerkt von der Justizwache unter seiner Zelle gegraben wurde. Die Flucht brachte die Sicherheitsbehörden des Landes in höchste Erklärungsnot.
Der einstige Chef des mächtigen Sinaloa-Kartells war am Samstagabend aus seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Altiplano westlich von Mexiko-Stadt verschwunden. Zuletzt wurde Guzman von Überwachungskameras gefilmt, als er das Duschabteil seiner Zelle betrat. Die Gefängnisleitung schlug nach Angaben der Nationalen Sicherheitskommission Alarm, weil der Drogenboss eine Weile "nicht zu sehen gewesen" sei und seine Zelle bei einem Kontrollgang leer vorgefunden wurde.
Tunnel endete auf Baustelle
Wie Monte Alejandro Rubido von der Sicherheitskommission am Sonntag bei einer Pressekonferenz berichtete, entkam der Drogenbaron durch ein Loch im Duschabteil der Zelle. Durch dieses sei er in einen Tunnel gelangt, der auf einer 1,5 Kilometer entfernten Baustelle endete. 18 Gefängniswärter sollten wegen des Ausbruchs verhört werden, sagte Rubido.
Das Gefängnis von Altiplano rund 90 Kilometer westlich der Hauptstadt beherbergt einige der berüchtigsten Drogenbosse des Landes sowie zahlreiche Mörder und Kidnapper. In der gesamten Umgebung des Gefängnisses und auf den Straßen in Richtung der umliegenden Staaten wurde nach Guzman gefahndet, am Flughafen der nahe gelegenen Stadt Toluca wurde der Flugbetrieb vorübergehend eingestellt. Die Polizei errichtete Straßensperren, an denen die Insassen aller vorbeikommenden Fahrzeuge überprüft und Lastwagen durchsucht wurden.
13 Jahre nach Flucht mit Wäschwagen gefasst
Der heute 58 Jahre alte Guzman war zeitweise der meistgesuchte Drogenboss der Welt. Im Jahr 2001 war er bereits ein erstes Mal aus dem Gefängnis ausgebrochen. Damals gelang ihm die Flucht, indem er sich in einem Wäschewagen versteckte. Erst 13 Jahre später, im Februar 2014, wurde er in einer Ferienanlage im Nordwesten Mexikos gefasst. Dieses Mal konnte Guzman nach lediglich 17 Monaten im Gefängnis entkommen.
Guzmans Flucht dürfte die Regierung von Präsident Enrique Pena Nieto in Bedrängnis bringen. Sie hatte die Festnahme des Drogengangsters vor eineinhalb Jahren als großen Erfolg gefeiert. Die USA hatten damals von einer "bedeutenden Leistung" der mexikanischen Behörden im Kampf gegen die Rauschgiftkriminalität gesprochen.
Das Sinaloa-Kartell
Weite Teile des Drogengeschäfts in Mexiko werden vom Sinaloa-Kartell kontrolliert. Mit konkurrierenden Banden liefert es sich einen blutigen Krieg um die Kontrolle des Rauschgifthandels in die USA. Dabei wurden seit Ende 2006 nach jüngsten Angaben mehr als 80.000 Menschen getötet.
Nach seinem ersten Gefängnisausbruch entstanden in Mexiko zahlreiche Legenden um "El Chapo" ("Der Kleine") Guzman. Die USA setzten eine Belohnung in Höhe von fünf Millionen Dollar (4,5 Millionen Euro) auf Hinweise zu seiner Ergreifung aus. Die US-Metropole Chicago erklärte Guzman zum "Public Enemy Number One" - eine "Ehre", die zuletzt Al Capone zuteilgeworden war. 2007 heiratete Guzman eine 18-jährige Schönheitskönigin. Er soll zehn Kinder von verschiedenen Frauen haben.
(APA/AFP)