Nokia will wieder Handys bauen

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Der finnische Nokia-Konzern hat zwar seine Handysparte an Microsoft verkauft. Nun will das auf Netzwerke spezialisierte Unternehmen aber in den Handymarkt zurückkehren.

Stockholm. Nach wochenlangen Spekulationen ist es nun offiziell: Der finnische Handy-Pionier Nokia will trotz des Verkaufs seiner Handysparte an Microsoft wieder in das Mobiltelefongeschäft einsteigen. Schon Ende nächsten Jahres könnten die ersten neuen mobilen Telefone auf den Markt kommen. Dann sei die mit Microsoft vereinbarte Sperrfrist für den Wiedereinstieg in das mobile Geschäft abgelaufen, heißt es vom Konzern.

Nokia war lange Jahre der mit Abstand größte Handyhersteller der Welt und hatte für den wirtschaftlichen Aufstieg Finnlands nach der tiefen Wirtschaftskrise in den Neunzigerjahren erhebliche Bedeutung. Doch der Konzern verschlief den Übergang zu Kamerahandys und Smartphones. Die Allianz mit dem US-Software-Giganten Microsoft 2011 kam zu spät.

Abschreibungen bei Microsoft

Längst hatten der US-Konzern Apple und der koreanische Hersteller Samsung sich erfolgreich auf dem neuen Wachstumsmarkt der intelligenten Handys etabliert. Die Smartphones von Nokia und Microsoft wurden Ladenhüter. 2013 verkaufte der finnische Nokia-Konzern seine Handysparte dann gänzlich an Microsoft für 5,44 Mrd. Euro. Nokia, mit Hauptsitz in Espoo, verlor damit die Hälfte seines Umsatzes und ein Drittel seiner Mitarbeiter. Ihm verblieb die gut laufende Netzwerkausrüstungssparte. In den vergangenen drei Jahren hat sich die zuvor schwer abgestürzte Nokia-Aktie mehr als verdreifacht.

Dem Microsoft-Konzern, der den Namen Nokia von den Handys entfernte, doch den Namen Lumia behielt, gelang es nicht, der Konkurrenz Marktanteile abzutrotzen. Erst vergangene Woche gab Microsoft bekannt, 7800 Stellen im Handybereich streichen und 7,6Mrd. Dollar (6,85 Mrd. Euro) abschreiben zu müssen.

Anscheinend ist Nokia zu dem Schluss gekommen, dass es noch Platz für einen weiteren großen Hersteller gibt. Nun sucht der Konzern nach Partnern für das Mammutprojekt. Nokias Kriegskasse ist dank des Verkaufs der Handysparte gut gefüllt. Doch der Konzern will nicht die gleichen Fehler wie einst machen. Nokia will dieses Mal organisatorisch schlank bleiben und nur für das Produktdesign und den Markennamen stehen.

So sollen Herstellung, Verkauf, Werbung und Kundendienst von anderen Firmen übernommen werden. „Nokia wird ein virtueller Mobiltelefonhersteller“, sagt der finnische Analytiker Lars Söderfjell von der Alandsbank. Nokia werde bei der Software auf Googles Betriebssystem Android setzen. Die Finnen haben bereits 2014 eine vergleichbare Kooperation für den Tabletcomputer Nokia N1 lanciert, der vom taiwanesischen Foxconn-Konzern hergestellt wird. Foxconn ist auch für den Verkauf, die Werbung und den Kundendienst zuständig. Das N1 ist derzeit nur in wenigen Ländern erhältlich.

Netzwerk-Markt umkämpft

Auch bei den Handys sei Foxconn ein wichtiger Partner für die Herstellung, so Söderfjell. Doch heißt es von Nokia, man suche nach weiteren Partnern für Herstellung, Verkauf und Werbung. „Im Prinzip geht es für Nokia nur darum, ein neues Design zu entwerfen und dann eine Lizenzabgabe von Herstellern zu nehmen“, so Söderfjell gegenüber der Zeitung „SVD“.

Gleichzeitig stärkt Nokia auch seine Position im zunehmend umkämpften Netzwerkausrüstermarkt. Im April wurde bekannt, dass Nokia den französisch-amerikanischen Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent übernimmt. Der Konzern könnte im Bereich seiner IP- und Cloud-Dienste auch bei einer Handysparte wichtige Servicefunktionen übernehmen, spekulieren Branchenkenner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2015)

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