Eröffnung der Wiener Festwochen: Die Reblaus bleibt forever young

Eröffnung der Wiener Festwochen 2009 Willi Resetarits SENDUNG ORF1 Fr 08052009 21 20 UHR
(c) ORF (GŸnther Pichlkostner)
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Am Ende war alles ein Wienerlied: Willi Resetarits moderierte die gelungenste Eröffnung der Wiener Festwochen seit Langem.

„Können Sie sich noch an den Heinz Conrads erinnern?“, fragte Willi Resetarits unter einem vollen Mond in den vollen Rathausplatz, und „Ja, natürlich!“ rief es stellenweise zurück. Ein schöner Moment, und nicht ohne jede Koketterie. Denn Resetarits weiß sehr gut, dass er längst unter anderem der legitime Erbe von Heinz Conrads ist.

Als solcher, und als glaubwürdiger Repräsentant eines lokal-globalen Musikverständnisses, leitete er die stimmigste, unpeinlichste Festwocheneröffnung seit vielen Jahren, deren Untertitel, wie er selbst anmerkte, ein wenig an das Schild eines besseren Herrenausstatters erinnerte: „Wien. Lissabon. Paris. New York.“ Dass so eine Pauschalreise nicht ohne Klischees in Bild und Ton auskommt, versteht sich – und störte nicht. Es begann tief in Wien, mit Ernst Moldens „hammerschmidgossn“, einem zartbitteren, berührenden Lied über eine versuchte Rückreise ins Reich der Kindheit, die scheitert: „Denn die Gassen grüßt net retour.“ Noch wienerischer konnte es nur mit Wolfgang Ambros und dem „Zentralfriedhof“ sowie der „Reblaus“ werden. Bevor alle in Weinseligkeit zerflossen, lockte Sängerin Gustav mit „Rettet die Wale“ (in feinem Jazzarrangement) und der semitrügerischen Idylle „Alles renkt sich wieder ein“ wieder in Terrains, wo nicht alles klar ist.

Nach einem Kurzausflug nach Lissabon – mit der Fado-Sängerin Dulce Pontes – ging's zurück auf den Floridsdorfer Bahnhof und von dort nach Paris: Juliette Greco zeigte in (leider) nur drei Chansons, zwei von Jacques Brel, eines von Edith Piaf, wie sie, ein berückendes Mädchen von 82 Jahren, sich auf das gesamte Spektrum überlebensgroßer Gefühle versteht. Einsatz von Mimik, Gestik und Stimme ohne Rücksicht auf Verluste: herzzerreißend.

Im der Stadt New York gewidmeten Soulpart vertrat Lynn Kieran die erkrankte Randy Crawford mit Leichtigkeit, bevor sich zum Schluss alle zu dem Lied sammelten, das Bob Dylan, der alte Schalk, gewiss ganz bewusst für solche Momente geschrieben hat, in denen die Taschentücher schon gezückt sind: „Forever Young“. Das vor allem durch die Bemühungen unseres Wolfgang Ambros längst zum Wienerlied geworden ist, und was kann man einem Lied Besseres wünschen?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2009)


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