Das Unterhaus stimmt für eine neue Militärdoktrin. Nach 1945 war Japans Heer offiziell nur für Selbstverteidigung zuständig. China warnt.
Erstmals seit Ende des zweiten Weltkriegs will Japan wieder Soldaten zu Kampfeinsätzen ins Ausland schicken. Das Unterhaus in Tokio stimmte am Donnerstag trotz öffentlicher Proteste für eine Reihe von umstrittenen Gesetzesentwürfen, die eine erweiterte Rolle des Militärs im Ausland zulassen.
Die neuen Regeln gelten als Neuinterpretation von Artikel 9 der pazifistischen japanischen Nachkriegsverfassung. Mit den Gesetzen fällt das Verbot der kollektiven Selbstverteidigung. Sie erlauben Kampfeinsätze im Ausland zur Unterstützung von Verbündeten und zur Beilegung internationaler Konflikte.
Bei Bevölkerung nicht unumstritten
Regierungschef Shinzo Abe will die Rolle des Militärs stärken, besonders China gegenüber. Die Reformen sind in der Bevölkerung umstritten. Tausende Menschen protestierten gegen die Abstimmung. Auch Japans Nachbarländer sehen Abes Kurs teilweise mit Sorge - Gründe dafür sind der Inselstreit im südchinesischen Meer und Tokios problematischer Umgang mit seiner Kriegsvergangenheit.
Die Gesetzgebung wurde mit den Stimmen der regierenden Liberaldemokraten (LDP) und ihrem Koalitionspartner Komeito gebilligt. Die oppositionelle Demokratische Partei und vier andere kleine Parteien boykottierten die Abstimmung. Das japanische Oberhaus muss binnen 60 Tagen abstimmen.
China: "Beispielloser Schritt"
China legte prompt Protest ein. Die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunying, sprach am Donnerstag in Peking von einem "beispiellosen Schritt", der zu einer "bedeutenden Änderung der Militär- und Sicherheitspolitik des Landes führen kann". "Wir fordern Japan ernsthaft auf, Lehren aus der Geschichte zu ziehen", sagte Hua. Beide Länder streiten um Inseln im Ostchinesischen Meer und die aus chinesischer Sicht mangelnde Aufarbeitung der Aggression der kaiserlich japanischen Armee während des Zweiten Weltkrieges in China.
Japans Armee nach dem Zweiten Weltkrieg.
Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg verzichtete Japan in der Nachkriegsverfassung "für immer" auf den Unterhalt von Land- See- der Luftstreitkräften. Doch schon kurz nach Ausbruch des Koreakrieges 1950 wurde eine "Polizeireserve" aufgstellt.
Zunächst wurde ein Heer von 75.000 Mann gebildet, das zum 1. Juli 1954 zu einer "Selbstverteidigungstruppe" (Jieitai) mit 179.000 Mann anwuchs. In ihrer nunmehr 60-jährigen Geschichte sind Japans Selbstverteidigungsstreitkräfte immer mehr zu einer herkömmlichen Truppe geworden; ihre Rolle wurde schrittweise ausgeweitet. Heute verfügen das Heer, Marine und Luftwaffe nach Angaben des Verteidigungsministeriums über insgesamt 225.000 Mann und Top-Geräte wie 340 Flugzeuge, darunger 260 Kampfjets.
(APA/dpa)